Billigzins für Beutel?

Die Krise der Wohnbau Mainz bleibt auch mit dem Namen Jens Beutel verknüpft. Ein brisantes Dokument bringt den Oberbürgermeister jetzt unter Druck.

Mainz. Oberbürgermeister Jens Beutel (SPD) gerät wegen eines außerordentlich günstigen Pachtzinses für sein Wohngrundstück im Stadtteil Mombach unter Druck. Nach Recherchen der "Frankfurter Rundschau" wurde im Erbpachtvertrag zwischen Beutel und der Wohnbau Mainz im Jahr 2001 ein Zinssatz von zwei Prozent vereinbart. Laut städtischem Grundstücksmarktbericht lag der marktübliche Zinssatz 2001 aber bei 4,0 Prozent.

Bund der Steuerzahler spricht von Skandal



Während der Bund der Steuerzahler nun von einem Skandal spricht, handelt es sich laut Stadtsprecher Ralf Peterhanwahr um "alte Dinge, die wieder aufgewärmt und als heiße Suppe verkauft werden". Tatsächlich war der Vorwurf, Beutel sei von der Wohnbau bevorzugt behandelt worden, bereits im Mai Gegenstand einer anonymen Anzeige. Diese wurde jedoch von der Staatsanwaltschaft Koblenz nicht weiter verfolgt - mit Verweis auf eine Verjährung. Beutel selbst erklärte, der Vertrag sei explizit vom Finanzamt geprüft worden.

Journalisten konnten sich seinerzeit kein eigenes Bild von den Vorgängen machen: Nachdem die Akten zunächst bei der Staatsanwaltschaft lagen, verweigerte das Grundbuchamt dann im Juni die Akteneinsicht mit der Begründung, es bestehe "kein öffentliches Interesse". Der entsprechende Grundbuchauszug ist nun offenbar der Frankfurter Rundschau zugespielt worden.

Demnach lag der Wert von Grundstück und Haus bei 650 000 Mark (330 000 Euro), die Pachtzahlung wurde auf 13 000 Mark (6600 Euro) festgeschrieben. Der Bund der Steuerzahler hat daraus hochgerechnet, dass Beutel allein in den Jahren 2002 bis 2008 gegenüber marktüblichen Bedingungen 46 263 Euro gespart habe. Diese Summe müsse der OB jetzt der Wohnbau erstatten, sagte Steuerzahlerbund-Geschäftsführer Peter Pferdekemper. Pferdekemper verweist zudem darauf, dass laut Wohnbausatzung der Grundstückskauf seinerzeit vom Aufsichtsratsvorsitzenden Beutel selbst hätte genehmigt werden müssen, die Einräumung des Erbbaurechts vom gesamten Aufsichtsrat. Beides sei nicht erfolgt.

Die Grünen-Stadtratsfraktion forderte gestern für die nächste Wohnbau-Aufsichtsratssitzung "Aufklärung über sämtliche Geschäfte mit Privatpersonen, die auf Grundlage der Erbpacht in den letzten Jahren getätigt wurden". Das "System Wohnbau" müsse "komplett und lückenlos" aufgearbeitet werden. Wohnbaugeschäftsführer Thomas Will wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Vertrag äußern, da "schutzwürdige Interessen von Dritten" berührt seien. Oberbürgermeister Beutel selbst weilt derzeit in Urlaub. Aus dem Rathaus hieß es gestern lediglich, Beutel zahle aktuell einen Zinssatz von 3,62 Prozent.

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