Bittere Briefe

TRIER. Weil er in Gefängnisbriefen Gewaltphantasien geäußert hat, bleibt ein 31-jähriger Mann aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich vorerst weiter hinter Schloss und Riegel. Das entschied gestern das Landgericht. Erstmals hat damit eine Trierer Kammer die so genannte nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet.

Eigentlich wäre der aus der Verbandsgemeinde Wittlich-Land stammende Mann seit November wieder auf freiem Fuß. Eine viereinhalbjährige Haftstrafe wegen schweren Raubes, verhängt nach zwei Überfällen auf Postfilialen, hatte der 31-Jährige seinerzeit komplett verbüßt. Doch für den Ex-Postbediensteten und -Polizeianwärter blieben die Gefängnistüren zu. Der Grund: sieben Briefe, die der Mann zwei Jahre zuvor im Knast geschrieben hatte. Justizbedienstete hatten die Schreiben in der Zelle des Räubers sichergestellt. In den an Angehörige und diverse Zeitschriften adressierten Briefen "gestand" der Häftling grausame Bluttaten, die er in Wirklichkeit nie begangen hatte, und bezeichnete sich selbst als Gefahr für die Allgemeinheit. "Ich bin so krank, dass man mich kaum noch in die Gesellschaft lassen darf. Ich sage es früh genug", schrieb er etwa an seine Großmutter. Für die Staatsanwaltschaft Grund genug, die so genannte nachträgliche Sicherungsverwahrung des Mannes zu beantragen. Dies ist erst seit 2004 möglich. Voraussetzung: schwere Straftaten und eine vom Häftling weiterhin ausgehende erhebliche Bedrohung für die Allgemeinheit. Ist dies erfüllt, kann ein Gericht seit drei Jahren auch nach dem eigentlichen Urteil noch anordnen, dass ein Häftling weiter im Gefängnis bleiben muss. Ein scharfes und umstrittenes Schwert der Justiz und juristisches Neuland für das Trierer Landgericht. Nie zuvor hatte eine Kammer des Landgerichts die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet. Gestern machte die Dritte Große Strafkammer den Anfang. Der 31-jährige Räuber bleibt bis auf weiteres hinter Schloss und Riegel. "Von dem unter narzisstischen Persönlichkeitsstörungen leidenden Mann geht eine Gefahr für die Allgemeinheit aus", begründete Vorsitzender Richter Armin Hardt das Urteil. Er bedürfe einer dauerhaften stationären Therapie. Sein Verteidiger Jörg Ehlen (Wittlich) kündigte im Gespräch mit dem TV an, gegen das Urteil in Revision zu gehen. Der Bundesgerichtshof lege die Schranken in diesen Fällen sehr hoch. Möglich also, dass die Trierer Entscheidung noch gekippt wird.

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