Brummi-Parkchaos an Autobahnen — Rheinland-Pfalz hat eine Lösung

Montabaur · Tausende Lkw-Parkplätze fehlen, viele Fahrer stoppen an Autobahnen an gefährlichen Stellen. Ein intelligentes System bei Montabaur ermöglicht engeres Parken. Lässt es sich auch woanders umsetzen?

(dpa/lrs) — Sie wird immer länger, die Lastwagen-Lawine auf Deutschlands Autobahnen. Tagsüber wächst die Staugefahr — und nachts der Andrang der Lkw-Fahrer auf Parkplätzen. Dann halten sie verzweifelt auch in Ein- und Ausfahrten und auf Standstreifen, nicht selten unbeleuchtet. Ein hohes Unfallrisiko. Erst Ende Juni ist bei Chemnitz ein Auto in einer Abfahrt unter einen stehenden Lastwagen geraten. Die Bilanz: drei Tote. Warum nicht Lkw-Parkplätze besser ausnutzen? An der Autobahn-Raststätte Montabaur im Westerwald gibt es dafür ein intelligentes Parksystem. Der rheinland-pfälzische Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) schaut es sich an diesem Freitag an. Er wirbt dafür, dieses Projekt auch woanders umzusetzen.

Schon den ankommenden Brummifahrern zeigt bei der Raststätte Montabaur in Fahrtrichtung Köln ein Schild an, ob noch Plätze frei sind. Bei der Einfahrt können sie auf einem Bildschirm zuerst eine von 16 Sprachen wählen — Deutschland ist ein Transitland. Dann bekommen sie kostenlos ein Ticket, das ihnen eine Position in einer von 23 Kolonnen zuweist. Lastwagen mit brummenden Kühlaggregaten oder mit Gefahrgut erhalten besondere Plätze. Der Clou: Das System ordnet die Lkw nach Abfahrtszeiten: Wer am Morgen früher wieder wegfährt, steht weiter vorne. Das spart Platz zum Rangieren und Durchfahren. Statt einst nur 42 können nun 69 Lastwagen an der Raststätte parken.

Beim Start des Projekts vor zwölf Jahren sagt der damalige Mainzer Verkehrsminister Hans-Artur Bauckhage (FDP) optimistisch, die für 800 000 Euro installierte Anlage trage erheblich dazu bei, das "Chaos auf Autobahnparkplätzen zu entschärfen". Die verantwortliche Firma Manns Ingenieure mit Sitz im nahen Wirges merkt bald, "dass die Fahrer teils die Stunden bis zu ihrer Abfahrt mühsam an den Fingern abzählen, aber viel besser wissen, wie lange sie parken", berichtet Ex-Geschäftsführer und Berater Klaus Manns. "Seitdem fragen wir die Pausenzeiten ab." Anfangs ist noch ein Parkwächter unterwegs. 2012 folgt laut Verkehrsingenieur Manns für rund 600 000 Euro die Umstellung des Parksystems auf Vollautomatik.

Der Leiter Verkehr und Technik des ADAC Mittelrhein, Herbert Fuss, begrüßt das Projekt: "Bundesweit fehlen rund 14 000 Stellplätze für Lkw an Autobahn-Rastanlagen. Es gibt nicht zu viele Lastwagen, sondern zu wenige Parkplätze." Die Fahrer mit häufig niedriger Bezahlung und ungünstigen Arbeitszeiten seien in einem Dilemma: "Abends können sie oft nur falsch parken — oder weitersuchen und die vorgeschriebenen Lenkzeiten überschreiten."

Von einem Dilemma spricht auch der Chef der Autobahnpolizei Montabaur, Gerhard Bast: "Entweder die Kollegen tolerieren einen Lkw-Fahrer außerhalb der Parkflächen oder sie schicken ihn trotz der Lenkzeiten weg." Das geschehe vor allem in den Einfahrten — den gefährlichsten Bereichen. Generell findet Bast das Parksystem gut. "Aber das ist auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, weil mittlerweile nachts alles hoffnungslos überfüllt ist."

Der Bau neuer Stellflächen gestaltet sich bundesweit oft schleppend. Verkehrsminister Wissing fordert daher laut seiner Sprecherin den Bund als Eigentümer der Autobahnen auf, "dass das Parksystem aus Rheinland-Pfalz auch woanders umgesetzt wird". Denn einer Prognose zufolge könnten bis 2030 bundesweit 26 000 Lkw-Parkplätze fehlen.

Die Montabaurer Parkidee mit Lasertechnik ist laut ihrem Erfinder Manns wenigstens bei den Autohöfen Hamburg-Moorfleet und Lohfeldener Rüssel bei Kassel bereits umgesetzt worden, außerdem einmal in Dänemark. 2018 soll nach seinen Worten auch je eine Anlage an der Raststätte Hunsrück West in Rheinland-Pfalz, in Kiefersfelden in Oberbayern und in Luxemburg in Betrieb genommen werden. Eine ähnliche Pilotanlage bei Velburg in der Oberpfalz habe die Bundesanstalt für Straßenwesen entwickelt: Hier zeige eine Schilderbrücke quer über den Parkplatz freie Flächen in Lkw-Kolonnen an. Außerdem gebe es zunehmend Möglichkeiten, freie Lkw-Stellplätze im Internet zu finden.

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