"Das Wunder von Bern - das war meine Zeit"

TRIER. (DiL) "Es geht mir immer noch gut". Wie erleichternd ist es, diesen Satz von Robert Steinmann zu hören. Wir begleiten den unheilbar Krebskranken in der schwierigen Zeit nach der Entlassung aus der Palliativ-Station.

Es ist ein normaler Werktags-Vormittag, und trotzdem wirkt die Wohnung der Steinmanns in Trier-West wie der Schauplatz eines großen Familientreffens. Sohn und Tochter sind gekommen, Hospizschwester Marientraud Brill ist ebenfalls zu Besuch. Ein Maler streicht im Auftrag der Hausverhaltung gerade die Fenster, kritisch beäugt von Robert Steinmann. Als gelernter Anstreicher ist er immerhin vom Fach, und da wundert er sich über manche "neumodische" Arbeitsweise. Saarländer-Witze machen die Runde, die Hospizschwester stammt aus dem Nachbar-Bundesland, da muss man was aushalten. Robert Steinmann flachst, die Atmosphäre ist locker, wenn auch das Piepen der Sauerstoff-Maschine gelegentlich an seine schwere Krankheit erinnert.Vor wenigen Tagen hatte er ein ganz besonderes Erlebnis. Dank der Hilfe eines engagierten Pflegers von der Palliativ-Station konnte er einen Ausflug ins Kino machen. "Wir haben die Frau Dr. Langenbach so lange gelöchert, bis sie uns gelassen hat", erzählt Robert Steinmann. Mit Rollstuhl und transportabler Druckflasche ging es ins Broadway, wo "Das Wunder von Bern" gezeigt wurde. Zwanzig war er, als Deutschland Weltmeister wurde, "das war meine Zeit". Nicht lange danach hat er geheiratet. "In zwei Jahren hätten wir unsere goldene Hochzeit gehabt", sagt seine Frau. Der Konjunktiv holt einen hart auf den Boden der Realität zurück.Aber das Wunder von Bern liefert weiteren Gesprächsstoff. Tochter Gertrud und Hospizschwester Marientraud waren inzwischen im Kino, um mitreden zu können. Nur Frau Steinmann kennt den Film noch nicht. Sie war "seit fünfzig Jahren nicht mehr im Kino", sagt sie, aber sie würde schon mal gern. Marientraud verspricht ihr, mitzugehen, sich um Karten zu kümmern. Auch den Angehörigen gehört das Engagement der Hospizarbeit.Zum Glück funktioniert bei den Steinmanns das familiäre Umfeld. Der Sohn repariert zwischendurch eine schadhafte Steckdose, die der Hospizschwester aufgefallen ist, die Tochter kümmert sich um den Einkauf. "Es ist viel los in letzter Zeit", erzählt Frau Steinmann. "Jede Menge Besuch" sei da gewesen, alte Freunde hätten sich nach den Zeitungs-Artikeln wieder gemeldet. Viel Trubel für den Patienten, aber das ist ihm "viel lieber als hier den ganzen Tag still rumzusitzen".Treffen wir uns nächste Woche wieder? "Immer gern", sagt er, "so lange ich das noch kann". Und formt dazu mit den Fingern ein Plappermaul.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort