Der Rasenmäher bleibt im Keller

TRIER. Rund 13 000 Studenten haben in dieser Woche den Vorlesungsbetrieb zum Wintersemester an der Uni Trier aufgenommen. Hinter den Kulissen wird intensiv an der Zukunft der Hochschule gearbeitet – manchmal mit harten Bandagen.

 Rangeln um den Seminarplatz: Das Angebot der Uni ist für Studenten oft unbefriedigend. Foto: Kerstin Smirr

Rangeln um den Seminarplatz: Das Angebot der Uni ist für Studenten oft unbefriedigend. Foto: Kerstin Smirr

Früher kam es vielleicht einmal pro Semester vor, dass der Uni-Präsident einen scheidenden Professorenkollegen verabschieden musste. Heute ballen sich die Termine der Emeritierungs-Empfänge manchmal im Wochenrhythmus. Die Uni Trier, 1970 gegründet, ist in die Jahre gekommen - und mit ihr das wissenschaftliche Personal der ersten Stunde.Die Sprachwissenschaftler Kühlwein und Bender, die Juristen Marburger und Lindacher, die Soziologen Eckert und Hahn, der Statistiker Krug, der Psychologe Montada, der Historiker Haverkamp: nur ein kleiner Auszug aus der jüngsten Pensionärs-Liste der Hochschule. Namen mit gutem Klang in der Fachwelt, Aushängeschilder für die Uni. Dutzende profilierter Profs werden in den nächsten Jahren folgen.

Exodus in den Ruhestand zur ungünstigen Zeit

Der Exodus Richtung Ruhestand kommt in denkbar schwierigen Zeiten. Das Personalbemessungskonzept des Landes hat die finanziellen Spielräume verengt, aber gleichzeitig den Hochschulen Prokura erteilt, in eigener Sache das Bestmögliche herauszuholen. Wenn heute eine Stelle zu besetzen ist, herrscht der Markt: Jene Hochschule, die das beste Salär, die meisten Mitarbeiterstellen und die optimale Sachausstattung bieten kann, kriegt den Zuschlag bei den begehrten, aber dünn gesäten Nachwuchs-Stars der Wissenschaftler-Zunft. "Die Leute wissen, was sie wert sind", sagt Uni-Präsident Peter Schwenkmezger.

Wie in einem Basar geht es manchmal zu, wenn potenzielle Interessenten für eine Trierer Prof-Stelle im bescheidenen Dienstzimmer des Präsidenten die Bedingungen aushandeln. Freilich kann die Uni im Gegenzug einfordern, was früher undenkbar war: Zielvereinbarungen und konkrete Leistungszusagen. Was immer sie aber dem Neuen verspricht: Sie muss es sich aus den eigenen Rippen schneiden. Ein mühsamer Weg, aber der einzig sinnvolle, glaubt Schwenkmezger. Die Alternative wäre "Einsparen per Rasenmäher". Stattdessen setze man gezielt Schwerpunkte in Bereichen, die die jeweiligen Fachgremien als "Leit-Professuren" definieren. Konsequenz: Manche Abteilungen fallen dabei durch den Rost. Mit entsprechenden Verwerfungen. "Veränderungen sorgen immer für Unruhe", sagt der gelernte Psychologe.

Die Entscheidung, welche Fächer erhalten, vielleicht sogar ausgebaut oder aber gestrichen werden, fällt in den sechs Fachbereichen der Uni. Dabei gehen die Meinungen bisweilen weit auseinander. Erbittert wurde etwa bei den Wirtschaftswissenschaftlern im Fachbereich IV um die Professur für internationale Wirtschaftsbeziehungen gestritten, die nach der Emeritierung des derzeitigen Inhabers gestrichen wird. Der Krach landete beim Gericht. Das befand, es gebe keinen Anspruch auf Erhalt, die Gremien dürften eigenständig entscheiden.

Andere Professuren sollten über längere Zeit nicht besetzt werden, um mit den eingesparten Mitteln anderswo "zubuttern" zu können. Das "Zusammenstückeln" von Stellen gehört inzwischen an der Uni zur gängigen, aber nicht überall geschätzten Praxis.

Der streitbare Finanzwissenschaftler Hellmuth Milde installierte aus Protest auf seiner Internet-Homepage einen "Countdown", in dem er die Tage bis zu seinem Abgang zählte. Inzwischen hat er die "Provokation" (Milde) abgestellt, die Besetzungssperre für seine Professur ist aufgehoben. Dennoch hält er die Entwicklung in seinem Fachbereich für "kurzsichtig", ein "Unding" und eine "Fehlentwicklung".

Überfüllte Proseminare, gestrichene Hiwi-Stellen

Fritz Ortolf, als Fachbereichsreferent eine Art Manager für den Umbruch bei den Wirtschaftswissenschaftlern, sieht das anders. Neue Akzentuierungen seien notwendig, um den geänderten Bedürfnissen der Studierenden gerecht zu werden. Der finanzielle Rahmen sei eng, deshalb gehe es nicht ohne Flexibilität. Die intensive Arbeit der Hochschulgremien schaffe die nötigen Voraussetzungen, "auch wenn wir manche Klimmzüge machen müssen".

Geht es nach der Studentenvertretung, ist die Grenze bei den Turnübungen längst überschritten. "Überfüllte Proseminare, schlechte Arbeitsatmosphäre, gestrichene Hiwi-Stellen und immer weniger Profs im Grundstudium" diagnostiziert Asta-Referent Branimir Mance. "Zu wenig Geld für die Hochschulen", monieren die Studentenvertreter.

Rheinland-Pfalz sei "halt nicht reich", kontert Fachbereichsreferent Ortolf. Das sehe man täglich "nicht nur an den Hochschulen, sondern auch an den Straßen".

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