Dicke Backen

MAINZ. Streik im öffentlichen Dienst: In Baden-Württemberg soll es bereits Ende dieser Woche losgehen, und auch in Rheinland-Pfalz machen die Arbeitnehmer-Vertreter dicke Backen. Am 6. Februar startet die Urabstimmung.

Das Land ist die Wurzel allen Übels, jedenfalls aus Sicht der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Für die öffentlich Beschäftigten des Bundes gebe es einen unstrittigen Tarifvertrag, sagt Jürgen Dehnert, Verdi-Sprecher in Rheinland-Pfalz. Die Kommunen hätten zwar die Möglichkeit, die Arbeitszeitregelung im bestehenden Tarifvertrag zu kündigen, Städte und Gemeinden im Land hätten davon bisher allerdings keinen Gebrauch gemacht - anders als ihre Pendants in Hamburg, Niedersachsen und Baden-Württemberg, wo Ende der Woche die ersten Streiks im öffentlichen Dienst drohen. Die Länder haben den mit Bund und Kommunen ausgehandelten Tarifvertrag dagegen nicht unterschrieben. Sie kürzten nun einseitig das Weihnachtsgeld und verlängerten die Arbeitszeit, klagt Dehnert. So müssten Landesbeamte in Rheinland-Pfalz statt 38,5 nun 40 Stunden arbeiten. Arbeitgeber-Seite: "Absolut unangemessen"

Verdi Rheinland-Pfalz bläst deshalb zum Angriff: Vom 6. bis 9. Februar werden Landes-Beschäftigte aus noch geheim gehaltenen Betrieben zur Urabstimmung aufgerufen. Ein Schritt, den der Mainzer Finanzminister Gernot Mittler für "absolut unangemessen" hält. Er ruft die Gewerkschaft auf, "nicht einzuheizen, sondern an den Verhandlungstisch zurückzukehren". Die Argumente der Arbeitgeber, in Zeiten leerer Staatskassen und schlechterer Bedingungen in vielen Branchen müssten auch die Beschäftigten im öffentlichen Dienst zurückstecken, lässt Dehnert nicht gelten. Man sei den Arbeitgebern "bis an die Schmerzgrenze" entgegengekommen. Arbeitsplatzabbau und Arbeitsverdichtung hätten auch öffentlich Bedienstete in den vergangenen Jahren gebeutelt. Der Staat verzichte auf Einnahmequellen wie die Vermögenssteuer, sagt Dehnert, da könne man "nicht einfach das, was fehlt, bei den Leuten rausholen". Und schließlich handele es sich um Staatsaufgaben und nicht um ein Unternehmen, das auf Gewinn ausgerichtet sei. "Wir rechnen damit, dass wir bei der Urabstimmung die nötige Quote von 75 Prozent deutlich übertreffen", sagt Dehnert. Und dann gibt's Streik? "Nicht direkt am nächsten Tag." Der Gewerkschafter erhofft sich von der Urabstimmung ein Signal an die Arbeitgeber. "Seit dem 24. April 2005 haben wir keinen Gesprächstermin mit den Ländern bekommen." Bei Finanzminister Mittler klingt das freilich anders: Verdi habe sich aus den laufenden Gesprächen mit der Tarifgemeinschaft der Länder zurückgezogen. Kommt es zum Ausstand, streifen - anders als in Baden-Württemberg - in Rheinland-Pfalz ausschließlich Bedienstete des Landes die Streikwesten über. Die Pläne lägen in der Schublade, sagt Dehnert und schweigt beharrlich zu Details. "Wir werden die Bevölkerung rechtzeitig informieren." Etwa 96 000 Menschen sind Verdi zufolge in Rheinland-Pfalz beim Land beschäftigt, darunter fallen Lehrer, Polizisten und Justizvollzugsdienstler. 62 000 davon sind Beamte. Ob auch sie streiken dürfen, ist zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern umstritten. Die Landes-Bediensteten stellen die größte Gruppe der öffentlich Beschäftigten: Bei den Kommunen arbeiten 90 000 Menschen im Land, von denen ein Drittel verbeamtet ist, auf den Bund entfallen 8 000 Angestellte und 2 000 Beamte.

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