Die Jugend an die Urne

MAINZ. Der zunehmenden Wahlunlust von Jugendlichen und Jungwählern wollen Bildungszentrale und Landesjugendring mit Projekten wie Wahl-o-mat und Juniorwahl begegnen. Das Ziel: mit spielerischem Anreiz und direkter Beteiligung den Gang zur Urne interessant machen.

Vor allem bei jüngeren Wählern ist der Wahl-o-mat ein Renner: Mehr als fünf Millionen Mal wurde das Informationsangebot der Bundeszentrale für politische Bildung allein vor der Bundestagswahl am 18. September online angeklickt. Wer sich durch das Frage-Antwort-Spiel des mit den Wahlaussagen der Parteien gefütterten Programms lotsen lässt, erhält am Ende die bisweilen überraschende Mitteilung, mit welchem Verein er am meisten übereinstimmt. Ein spielerisches und gleichwohl ein seriöses Angebot, vor allem bei jungen Menschen Interesse an Politik zu wecken, wie Marianne Rohde findet. Ab Mitte Februar soll nach Angaben der stellvertretenden Leiterin der Landeszentrale für politische Bildung erstmals der Wahl-o-mat als "Werbemaschine" für die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz eingesetzt werden. Der Ansatz: Neugierde wecken, einen einfachen Zugang bieten und die Hemmschwelle für Nachfragen senken. Wer in den Wahl-o-maten geht, kann mehr erfahren, verspricht Rohde. Wie schwer junge Menschen an die Urnen zu locken sind, zeigte sich besonders bei der Landtagswahl 2001. Die Wahlbeteiligung brach bei 18- bis 20-Jährigen auf knapp 47 und bei 21- bis 24-Jährigen sogar auf 38 Prozent ein. Insgesamt wurde landesweit ein Tiefststand von 62,1 Prozent erreicht. Die niedrige Wahlbeteiligung sei Zeichen der Distanz der Jugend zur Parteipolitik, sagt Delia Helmerking vom Landesjugendring. Für sie ist die Wahlverweigerung ein "Not-Signal", weil es keine direkte Ansprache der Jugendlichen und keine Beteiligung im direkten Umfeld gibt. Auch die Enquetekommission "Jugend und Politik" des Landtags kommt zu dem Ergebnis, dass Jugendliche durchaus politisch interessiert sind und sich in Initiativen oder Projekten einbringen. "Werden sie beteiligt, sind sie auch aktiv", so Helmerking. Bei der Wahl 2001 gab es keine "Motivations-Veranstaltungen", weil es am Geld mangelte. Nun will der Landesjugendring in Kooperation mit der Landes-Bildungszentrale den Wahl-o-maten auf Tour zu den Jugendgruppen vor Ort schicken. Untersuchungen zeigen, dass dieses in den Niederlanden entwickelte Instrument der politischen Bildung nicht nur neun von zehn Teilnehmern Spaß macht, sondern tatsächlich auch für Gesprächsstoff sorgt und Informationsbedürfnisse weckt. Bei einer Umfrage unter 14 000 Nutzern im Umfeld der Bundestagswahl gaben laut Düsseldorfer Politikwissenschaftler Stefan Marschall acht Prozent an, der Wahl-o-mat habe sie motiviert, wählen zu gehen. Das Konzept unterhalte, informiere und mobilisiere. Auf Beteiligung setzt vor allem das landesweite Projekt "Juniorwahl", mit dem Bildungsministerium, Landtag und die Bildungszentrale Schülern ab der neunten Klasse Politik und Wahlen näher bringen wollen. Schüler von 53 Schulen beschäftigen sich dabei im Detail mit der Parlamentswahl und geben am Ende ihre Stimmen für die fiktive Besetzung des Landtags im Internet ab. Die klassische Wahl ist laut Rohde nachgestellt - von der Wahlbenachrichtigung über Wählerlisten bis zum Auszählen und Verkünden des Ergebnisses am 26. März um 18 Uhr über Internet. "Demokratie lebt vom Mitmachen", betont Landtagspräsident Christoph Grimm. Er erhofft sich durch das praktische Erleben von Demokratie mehr politische Beteiligung der Jugend. Am Projekt beteiligen sich unter anderem Schulen aus Bitburg, Prüm, Wittlich, Schweich, Bernkastel-Kues und Trier.

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