Die Polizei macht sich rar

MAINZ. Die rheinland-pfälzische Polizei ist 2003 mit 8825 Beamten auf den Stand des Jahres 1992 abgerutscht. Unterbesetzung und eine Million Überstunden sind die Folge, so die Polizeigewerkschaften.

Mindestens 9500 Beamte müssten es sein, um eine zufrieden stellende Einsatzstärke zu erreichen. Trotz eines Anstiegs der Kriminalität um knapp 40 Prozent seit 1990 ist die Zahl der Polizisten momentan wieder auf das Niveau von 1992 abgesackt. Erst 2005 wird nach Prognosen des Innenministeriums im Bericht zur Zukunft der Polizei das selbst gesteckte Minimalziel von 9000 Ordnungshütern wieder erreicht. Rund 10 000 müssten es sein, um landesweit eine ansprechende Polizeidichte zu gewährleisten, sagt Thomas Will von der Polizeigewerkschaft GdP. Rheinland-Pfalz habe inzwischen die schlechteste Polizeidichte bundesweit, unterstreicht sein Kollege Werner Kasel. Mit Wehmut blicken sie auf die Jahre 1995/96, in denen wenigstens die aus ihrer Sicht erforderliche Mindeststärke von 9500 leicht übertroffen wurde. Doch anschließend ging es Schritt für Schritt zurück, in den beiden vergangenen Jahren sogar deutlich unter die Marke von 9000. Die Personalrekrutierung steht zwangsläufig in engem Zusammenhang mit den verfügbaren Finanzen, heißt es dazu im Bericht von Innenminister Walter Zuber (SPD). Eingeräumt wird gleichwohl, dass allein im Wechselschichtdienst rund 400 Beamte fehlen, um landesweit eine gleichmäßige Arbeitsbelastung in den Inspektionen zu gewährleisten. Was dort teilweise ablaufe, gehe "auf die Knochen der Kollegen", sagt Will. Er verweist auf die jährlich rund eine Million Überstunden und viele Sonderaufgaben, die über das "kaum zu bewältigende Alltagsgeschäft" hinaus warten: umfangreiche Sicherungsaufgaben im Anti-Terrorkampf, bei Castor-Transporten oder Großveranstaltungen. Weil nach Gewerkschaftsangaben allein im Schichtdienst 500 bis 600 Beamte fehlen, sind Sicherheitseinbußen nicht auszuschließen, wenn etwa "die Streife nicht in 10 Minuten vor Ort sein kann". Der Zukunftsbericht sei ein reiner "Verteidigungsbericht", weil er Sparziele rechtfertige und festschreibe, kritisiert Kasel. Erhöhen wird sich die Zahl der Polizisten in den kommenden Jahren nicht zuletzt durch die 2003 beschlossene stufenweise steigende Lebensarbeitszeit. Je nach Laufbahn muss dann bis 62, 63 oder 65 Jahren gearbeitet werden. Nur, wer 25 Jahre Wechselschichtdienst geleistet hat, darf weiterhin mit 60 gehen. Rund 100 Beamte sind nach Gewerkschaftsangaben von dieser unfreiwilligen längeren Verpflichtung bereits in diesem Jahr betroffen. Da gleichzeitig deutlich mehr Polizisten ihre Ausbildung beenden als in Ruhestand gehen, wird die Personalstärke bis 2008 auf rund 9270 anwachsen, bevor wieder eine rückläufige Bewegung einsetzt. Bei einem steigenden Anteil von Polizistinnen wird allerdings in den nächsten Jahr auch mit einem höheren Personalausfall gerechnet. Bisher werden 888 Beamtinnen und 315 Anwärterinnen gezählt. Ab 2010, so die Prognosen, könnten insgesamt 300 Kräfte wegen Familienpause oder Teilzeit konstant ausfallen. Offen lässt der Ministeriumsbericht, ob mit dem erwarteten Bevölkerungsrückgang auch die Belastung der Polizei abnimmt. Er kommt zu dem Schluss, dass sich gerade in den letzten Jahren der entscheidende Einfluss von internationalen politischen, gesellschaftlichen und militärischen Entwicklungen auf die Arbeit der Polizei gezeigt hat. Nicht zuletzt steigende Armut oder Zuwanderung und Kriminalitätsrisiken durch die EU-Osterweiterung könnten die Rechnung, dass weniger Menschen auch weniger Polizeieinsatz erfordern, über den Haufen werfen.

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