Die Seele des Polit-Geschäfts

MAINZ. Ingolf Deubel sieht sich irgendwo zwischen Sparkommissar und politischem Gestalter. Die Regierung sei nicht da, um möglichst wenig Geld auszugeben, sondern um Probleme zu lösen, sagt der designierte rheinland-pfälzische Finanzminister. In der Politik sind die Finanzen nach seinen Worten schlicht "die Seele vom Geschäft".

Den Kassenhüter zu geben, wenn Geld im Überfluss da ist, "das macht keinen Spaß, das kann ja jeder", sagt Ingolf Deubel, noch Staatssekretär und ab 18. Mai neuer Minister der Finanzen. Wer den bisherigen Chef-Haushälter kennt, weiß, dass er diesen Satz nicht einfach so mit einem leichten Lächeln dahersagt. Der Diplom-Volkswirt mit Doktortitel liebt die Herausforderung, das Knifflige, die Details - und das Spiel mit Zahlen, bei dem er so manchen Freund und Feind matt setzt. Für ihn ist es immer gut, wenn es einen gewissen Druck im Kessel gibt. Und der ist in Rheinland-Pfalz nicht gerade gering: Teilweise rasante Kreditaufnahmen über die Jahre haben die Verschuldung des Landes inzwischen auf mehr als 25 Milliarden Euro wachsen lassen. "Die Verschuldung ist eindeutig zu hoch", räumt Deubel freimütig ein. Aber im Ländervergleich stünden noch mehr Länder hinter als vor Rheinland-Pfalz. Doch sonderlich tröstlich ist es auch für ihn nicht, dass das Land nur unwesentlich besser dasteht als der Durchschnitt. Dabei wäre die Verschuldung noch erheblich höher, wenn in den vergangenen Jahren nicht "Tafelsilber" in großem Umfang zu Geld gemacht worden wäre. Vor allem Kredit-Rückforderungen aus dem Wohnungsbau wurden auf Betreiben des früheren Kämmerers und Oberstadtdirektors von Solingen Gewinn bringend geltend gemacht. Über vier Jahre flossen so 1,7 Milliarden Euro in den Etat und verhinderten noch gewaltigere Kreditaufnahmen, die eine verfassungsmäßige Obergrenze von vornherein gesprengt hätten. Bei der Erschließung neuer Geldquellen erweist sich der Steuerexperte oft als bestaunter Meister seines Faches. Für ihn heißt "kreatives Sparen", Vermögen auf den Prüfstand zu stellen. Was ist notwendig? Wo gibt es bessere Anlagemöglichkeiten? Wann rechnet sich der Verkauf? Eines von Deubels Paradebeispielen für intelligentes Wirtschaften im eigenen Haus ist der Landesbetrieb LBB: Seitdem die Behörden für ihre Räumlichkeiten Miete an den LBB zahlen müssen, hat sich ihr Bedarf radikal verringert und wirtschaftliches Denken um sich gegriffen. Trotz ständiger Vorgaben an die Ministerien zur Einsparung von Personal- und Sachkosten und stets harten Verhandlungsrunden mit den Kollegen bei der Aufstellung des Haushalts versteht sich der Honorarprofessor an der Universität Münster keineswegs als Sparkommissar. "Der würde ja immer nur Nein sagen, aber so einfach ist das Ganze nicht." Bei politischen Aufgaben nimmt er auch Geld in die Hand, um seinen Mitstreitern im Kabinett "zur Seite zu stehen". Dann fließen auch schon mal etwas großzügiger Mittel in die Bildung - etwa an die Hochschulen - oder in die Verkehrsinfrastruktur. Die Landesregierung ist nicht dazu da, möglichst wenig Geld auszugeben, sondern die Zukunft zu gestalten, sagt Deubel - nicht ohne hinzuzufügen, dass es natürlich immer um die optimale Verbindung von Zielerreichung und niedrigen Kosten gehe. Zu Prognosen, wann es denn endlich einmal einen ausgeglichenen Haushalt geben könnte, lässt sich der kühle Rechner nicht verleiten. Solch kühne Vorhersagen für die Jahre 2006 und 2008 hatten Ministerpräsident Kurt Beck schon genug Ärger eingebracht. Doch in einem gibt sich Deubel fest entschlossen: Auch bei offenbar wieder kräftiger sprudelnden Steuereinnahmen will er bei den Ausgaben "nicht mehr Leine geben." Weil das Tafelsilber weitgehend verkauft ist, droht sich ansonsten die Schuldenspirale wieder schneller zu drehen.

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