Drückende Geschwüre

Bedenkliche Mängel bei der Versorgung Pflegebedürftiger in Heimen oder durch ambulante Dienste bleiben ein Dauerthema. Noch zu oft wird nicht ausreichend qualifiziertes Personal eingesetzt, oder die Pflege verläuft zu ungeplant, wie der Medizinische Dienst bei Kontrollen immer wieder feststellt.

Mainz. Das Phänomen ist nicht neu: Die meisten Pflegebedürftigen sind mit ihrer Versorgung oder Betreuung durch ambulante Dienste oder in den Heimen zufrieden, dennoch stellt der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) alljährlich bei seinen ausdrücklich nicht repräsentativen Kontrollen weiterhin "nennenswerte Mängel" fest. Vor allem der persönliche Einsatz vieler Pflegekräfte scheint für die positive Resonanz fast aller Befragten zu sorgen. Für den MDK gibt es nach Einschätzung seiner Leitenden Ärztin Ursula Weibler dennoch weiterhin viel zu tun.Einsatz von Hilfskräften nicht akzeptabel

Fast jede vierte der landesweit knapp 800 Pflegeeinrichtungen (Heim oder ambulanter Dienst) hat der Dienst im vergangenen Jahr geprüft, seit 1997 zumindest rechnerisch neun von zehn Anbietern. Nur in vier von fünf Fällen wurde bei den insgesamt 191 Überprüfungen im vergangenen Jahr die Behandlungspflege durch Fachkräfte geleistet. Den Einsatz angelernter Hilfskräfte in diesem Bereich hält der MDK für nicht akzeptabel, zumal im Regelfall die Fachbegleitung genauso fehlt wie eine Pflegeanleitung oder eine aktivierende Pflege, die verbliebene Fähigkeiten der zu betreuenden Menschen mit einbindet. Gerade diese zielgerichtete Pflege, die deutlich über das Prinzip "satt und sauber" hin-ausgeht und den Pflegebedürftigen fördert, ist laut Weibler für das Selbstwertgefühl der Betroffenen wichtig.Während sich die in der Vergangenheit vielfach kritisierte Ernährungsversorgung, vor allem auch über Sonden, teilweise deutlich verbessert hat, bleiben Vorsorge oder Versorgung von Druckgeschwüren weiterhin ein Schwachpunkt. Nur bei gut einem Drittel wurden keine Defizite festgestellt. Durch unsachgemäße Pflege sind viele gefährdet. Bei Dutzenden hatten sich bereits Geschwüre gebildet. Um das Qualitätsniveau in der ambulanten und stationären Pflege "messbar zu verbessern", haben nun die Krankenkassen mit Kommunen und privaten Anbietern und Trägern eine Zielvereinbarung geschlossen. Damit sollen vor allem ein den Qualifikationen angemessener Personaleinsatz, die kontinuierliche Fortbildung der Fachkräfte und die Sicherstellung der Überprüfung von Pflegequalität vorangetrieben werden.Werden nach festgestellten Mängeln später Nachprüfungen angesetzt, sind in der Regel auch verbesserte Pflegeleistungen zu registrieren, so Weibler. Doch auch dabei gibt es immer wieder Ausreißer. Für jede geprüfte Einrichtung gibt es einen eigenen Qualitätsbericht. Den darf der MDK zwar aus rechtlichen Gründen nicht selbst veröffentlichen. Allerdings gibt es beim Medizinischen Dienst ein Liste der unter die Lupe genommenen Anbieter ( www.mdk-rlp.de, Rubrik "Service und Info"). Zu den jeweiligen Ergebnissen der Berichte können Interessierte dann bei Heimen oder ambulanten Diensten nachfragen, auch wenn es keine Auskunftspflicht gibt. Meinung Zu wenig Pflege für viel Geld Repräsentativ sind die alljährlichen Prüfergebnisse des MDK vielleicht nicht, aber über die Jahre ergeben sie ein treffendes Gesamtbild der Pflege-Landschaft: Und das erscheint nicht gerade rosig. Zu oft liegt die Pflege nicht in Händen von Fachkräften, zu selten wird planvoll-aufbauend vorgegangen, und die Bedürfnisse des Einzelnen fallen in der hektischen Alltagsroutine unter den Tisch. Die Defizite sind nicht vorrangig den Pflegekräften anzulasten, denn Personalmangel und der Rückgriff auf angelernte Hilfskräfte sind Sache des Trägers. Dabei sind in Heimen bei Pflegestufe eins oft schon stolze 2500 Euro im Monat hinzublättern. Auch im Umgang mit der steigenden Zahl altersverwirrter Bewohner tun sich vielerorts noch große Mängel auf. Es gibt wahrlich noch einiges zu verbessern im Pflegebereich. j.winkler@volksfreund.de

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