Durchblick für den Euro-Bürger

Luxemburg. Das Amtsblatt der EU wird 50 Jahre alt. Aus diesem Anlass gab es ein hochkarätig besetztes Kolloquium in Luxemburg.

 Feiern den EU-Amtsblatt-Geburtstag (von links): Mark Evenepoel, Geschäftsführer von euroscript, dieluxemburgische EU-Kommissarin Viviane Reding,Thomas L. Cranfield, Generaldirektor des Amtes für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft, und euroscript-Geschäftsführerin Brigitte Hennemann. Foto: Rolf Ruppenthal

Feiern den EU-Amtsblatt-Geburtstag (von links): Mark Evenepoel, Geschäftsführer von euroscript, dieluxemburgische EU-Kommissarin Viviane Reding,Thomas L. Cranfield, Generaldirektor des Amtes für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft, und euroscript-Geschäftsführerin Brigitte Hennemann. Foto: Rolf Ruppenthal

Foto: Ruppenthal (rup)

ImKönigreich Belgien hat die digitale Zukunft der Gesetzgebungschon längst begonnen. Wenn sich der Bürger im flämischen oderwallonischen Teil Belgiens über neue Gesetze und Gesetzesvorhabeninformieren möchte, muss er ins Internet schauen. "Wir haben dasAmtsblatt in Papierform abgeschafft, um Kosten zu sparen, zuletzthatten wir nur noch rund 10 000 Abonnenten", sagte Albert vanDamme, Direktor des belgischen Amtsblattes ("Moniteur Belge") inLuxemburg. Dort fand im Kongresszentrum auf dem Kirchberg einprominent besetztes internationales Kolloquium über die Zukunftder digitalen Gesetzgebungs-Prozesse in der Europäischen Unionstatt. Der Anlass: 50. Geburtstag des Amtsblattes derEuropäischen Gemeinschaften, des offiziellen Gesetzgebungs-Organsder EU, das seinen Sitz in der Hauptstadt des Großherzogtums hat.Die luxemburgische EU-Kommissarin Viviane Reding, zuständig fürBildung und Kultur, bezeichnete das derzeit täglich in elfSprachen erscheinende Amtsblatt als "einen Meilenstein in derGeschichte der Europäischen Union". Jeder EU-Bürger müsse dieGesetzesvorhaben und sonstigen Veröffentlichungen der Unionkünftig "sowohl im Internet als auch gedruckt einsehen können".Aber: Ganz aufs Papier können die Belgier ausverfassungsrechtlichen Gründen noch nicht verzichten,schließlich braucht man doch noch etwas Gedrucktes. "Wir druckenvon jeder Ausgabe unseres Moniteur Belge noch drei Exemplare:Eins für das Archiv des Justizministeriums, eins für dasKönigliche Archiv und eins für die Dokumentation im Hause desAmtsblatts", sagte van Damme. Ansonsten muss sich der Bürger,will er die Aktivitäten seiner Legislative verfolgen, insInternet bemühen ( www.just.fgov.be). Marschrichtung: Weg vom Papier

In der Tat: Das Internet wird in den nächsten Jahren nicht nur in Europa, sondern weltweit die gesetzgeberischen Prozesse entscheidend verändern und neu gestalten. Weg vom Papier und hin zur digitalen Präsentation, heißt die Marschrichtung. Doch so einfach ist der Weg dorthin nicht, Verfassungsänderungen sind nötig. Und nicht jeder Bürger hat schließlich Zugang zu einem Computer und zum weltweiten Datennetz Internet. Und der Ausschluss bestimmter Gruppen vom Prozess der Transparenz der Gesetzgebung widerspricht demokratischen Grundprinzipien. Auch wer keinen PC sein eigen nennt, muss sich - so er will - informieren können!

Noch produzieren die Amtsblatt-Macher jährlich rund eine Million gedruckte Seiten, Teile davon gibt es auch als CD-ROM. In den Produktionsprozess ist die Unternehmensgruppe "Saarbrücker Zeitung" eingeschaltet: Ihre Luxemburger Tochter euroscript (Geschäftsführung: Brigitte Hennemann, Mark Evenepoel) produziert und verbreitet ein Supplement zum EU-Amtsblatt mit den öffentlichen Ausschreibungen.

Wie man den Bürger via Internet bei Gesetzesverfahren einbinden kann, probieren derzeit die Kanadier aus. "Wir wollen unsere Bürger übers Netz konsultieren", sagte Carol Kennedy, Chefin des kanadischen Amtsblatts "Gazette du Canada". Dort können sich Bürger übers Internet ( www.canadagazette.g.c.ca/consultation-e.html) in den Gesetzgebungs-Prozess einschalten und ihre Meinung sagen. "Noch ist das ein Pilotprojekt, jeder Kanadier sollte sich jederzeit über den Stand der Dinge informieren können", so Carol Kennedy. Auch die Österreicher arbeiten eifrig an ihrem Weg zur "authentischen elektronischen Kundmachung des Bundesrechtes". Seit Juni 2002 "testen wir im Internet im Probebetrieb", sagte Wolf Okresek, Generaldirektor der Rechtsabteilung des Wiener Bundeskanzleramtes. Das digitale Angebot des Gesetzgebungs-Verfahrens hat allerdings noch keine Gesetzeskraft, dazu muss die Verfassung geändert werden. "Ab 1. Januar 2004 sollen die Bundesgesetzblätter aber authentisch im Internet zugänglich sein, das heißt identisch mit der Papierform", so Okresek ( www.ris.bka.gv.at).

Das EU-Amtsblatt wird natürlich mit der zunehmenden Digitalisierung konfrontiert und muss sich den veränderten Rahmenbedingungen stellen. "Wir werden die Avantgarde dieser Bewegung darstellen und das bringen, was der Bürger der EU von uns erwartet", versprach zum Schluss der Ire Thomas L. Cranfield, Generaldirektor des Amtes für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften.

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