EU-Parlamentspräsident für Auffanglager in Libyen

Berlin/Brüssel · Immer mehr Flüchtlinge riskieren ihr Leben bei der Mittelmeer-Überfahrt. So soll es nicht weitergehen.

Berlin/Brüssel (dpa) Hunderttausende Migranten warten nach Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex in Libyen auf die Überfahrt nach Italien, und aus Westafrika drängen viele weitere an die libysche Küste. Der konservative EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani fordert deshalb Auffanglager für Flüchtlinge in Libyen und ähnlich wie die Bundesregierung einen Marshallplan für Afrika.
"Es wäre richtig, Auffanglager in Libyen zu installieren. Die EU sollte zu diesem Zweck ein Abkommen mit Libyen vereinbaren", sagte Tajani den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Auffanglager müssten aber eine gewisse Grundausstattung wie eine ausreichende Zahl an Ärzten und genügend Medikamente haben. "Man muss Mittel zur Verfügung stellen, dass die Menschen dort ein paar Monate oder Jahre in Würde leben können. Auffanglager dürfen keine Konzentrationslager werden", so Tajani. Zugleich forderte der Italiener einen milliardenschweren Marshallplan für Afrika. "Entweder wir handeln jetzt, oder es werden in den kommenden 20 Jahren Millionen Afrikaner nach Europa strömen", sagte Tajani, der im Januar als Nachfolger von Martin Schulz zum EU-Parlamentschef gewählt worden war. Es gehe darum, eine Ausbildungs-Initiative zu starten, eine moderne Landwirtschaft zu entwickeln und Joint-Ventures - also Gemeinschafts-Unternehmen mit zwei oder mehr Partnern - zu gründen.
Auch der "Marshallplan mit Afrika" der Bundesregierung setzt auf Reformpartnerschaften. Der historische Marshallplan war ein Aufbauprogramm der USA nach dem Zweiten Weltkrieg für Westeuropa.
Frontex-Direktor Fabrice Leggeri sagte der Welt, er rechne damit, dass die Zahl der Migranten, die von Libyen nach Europa übersetzen, in diesem Jahr erneut ansteigt. "Wir müssen in diesem Jahr bereit sein, unter hohem Druck zu stehen." Leggeri kritisierte die Rettungseinsätze der Hilfsorganisationen im Mittelmeer vor Libyen. "Zuletzt wurden 40 Prozent aller Aktionen durch Nichtregierungsorganisationen durchgeführt", sagte er. "Jeder auf See hat die Pflicht, Menschen in Not zu retten. Dafür steht auch Frontex." Aber die Geschäfte krimineller Netzwerke und Schlepper in Libyen sollten nicht noch dadurch unterstützt werden, dass die Migranten immer näher an der libyschen Küste von europäischen Schiffen aufgenommen werden. Das führe dazu, dass Schleuser noch mehr Migranten auf seeuntüchtige Boote zwingen.
"Wir brauchen eine Kombination aus Grenzschutz und legalen Möglichkeiten der Einreise", forderte der Frontex-Chef.

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