Edel ist das Gas, risikoreich und schlecht

TRIER. Es strömt aus dem Boden und ist reine Natur. Trotzdem kann das radioaktive Edelgas Radon gefährlich werden. Politiker streiten über Gegenmaßnahmen.

Edelgas - wer würde hinter dieser noblen Bezeichnung Gefahren wittern? Weil die radioaktive Belastung durch Radon zudem natürlich ist, haben die Strahlen aus der Erde bisher wenig Aufmerksamkeit erregt. Zu Unrecht: Nach Angaben des Bundesumweltministeriums sind rund sieben Prozent aller 35 000 Lungenkrebsfälle pro Jahr auf Radon zurückzuführen. Das sind knapp 2500 Lungenkrebstote jährlich. Nach dem Rauchen gilt Radon als die zweithäufigste Ursache für die tückische Erkrankung. Betroffen vom Radonrisiko sind der Strahlenschutzkommission beim Bundesumweltministerium zufolge etwa ein Prozent der deutschen Bevölkerung. Neuere Forschungen haben ergeben, dass das Risiko deutlich höher liegt als früher angenommen. So setzt die Strahlenschutzkommission in einem Bericht vom Juli 2004 den kritischen Wert von 250 Bequerel pro Kubikmeter Raumluft (Bq/cbm) deutlich auf 150 Bq/cbm herab. Das hat das Bundesumweltministerium veranlasst, ein Radonschutzgesetz vorzubereiten, das bei Gefährdungen in öffentlichen Räumen und Mietwohnungen nach Belastungen abgestufte Gegenmaßnahmen vorsieht. Allerdings stößt diese Absicht nicht auf einhellige Zustimmung. Die Bundesländer Bayern und Sachsen befürchten neuen Zwangsbürokratismus. Auch in der Region ist die natürliche Radioaktivität durch Radon zum Diskussionsthema geworden. Messungen des Bundesumweltministeriums zufolge liegt die Belastung der Bodenluft durch das radioaktive Edelgas bei uns zwischen 40 und 100 Kilo-Bequerel pro Kubikmeter, stellenweise sogar über 100 Kilo-Bequerel. Die Belastung der Außenluft ist ein ziemlich zuverlässiger Indikator für die natürliche Radioaktivität im trauten Heim. 2002 brachten Geologen vom Bonner Institut Kemski und Partner in 20 Gemeinden des Kreises Trier-Saarburg und elf Gemeinden von Bitburg-Prüm Messgeräte an. In rund 1100 Wohnungen stand ein Jahr lang ein so genannte Eposimeter. Die Ergebnisse geben zwar nur in Einzelfällen Grund zur Besorgnis, sind aber allemal Anlass für weitere Maßnahmen. Der höchste Wert von 1055 Bq/cbm ergab sich im Keller eines Wohnhauses in der Eifel, der niedrigste von 62 Bq/cbm im Erdgeschoss eines Gebäudes an der Mosel. In immerhin neun von den 31 Orten fanden sich Maximalwerte von 400 Bq/cbm, in 96 Messpunkten, also knapp neun Prozent, lag die Belastung über 200 Bq/cbm. Doch die Aussagekraft dieser Resultate ist begrenzt. Weil zur Zeit der Messungen ein Empfehlungswert von 250 Bq/cbm galt, hat man nur Ergebnisse ab 200 Bq/cbm aufgelistet. Legt man die oben genannten neuen Empfehlungswerte der Strahlenschutzkommission zugrunde, liegt die Zahl der Gefährdungen noch deutlich höher. So gesehen ist die Untersuchung ein Jahr nach ihrer Veröffentlichung schon wieder veraltet. Werte über 100 Bq/cbm sollten Anlass sein, über Maßnahmen nachzudenken. Ältere Gebäude aus Natursteinen, mit Kellerboden aus Lehm und gewachsenem Fels, haben deutlich höhere Belastungen als Neubauten. Der viel geschmähte Beton kommt in diesem Fall wieder zu Ehren. Werden Keller aus diesem Material gegossen, sinkt das Belastungsrisiko gegen Null. Das Gesundheitsamt Trier-Saarburg arbeitet an einer Broschüre mit Empfehlungen. Radon strömt als radioaktives Zerfallsprodukt aus dem Boden. Darum ist die Radioaktivität in Kellerräumen älterer Häuser am höchsten. Sind Fundamente und Kellerwände aus Beton, sinkt die Gefährdung rapide. "Dies bedeutet, dass bei jungen, modernen Häusern in der Regel kein Radonproblem in dieser Region zu erwarten sein wird", heißt es in der Studie. Das Trierer Gesundheitsamt schaltet heute von 8 bis 17 Uhr eine Beratungs-Hotline zum Thema Radon: Telefon 0651/715-555. Weitere Informationen können im Internet unter www.muf.rlp.de und www.ssk.de nachgelesen und beim Bundesumweltministerium - Referat R II 2, PF 120629, 53048 Bonn - angefordert werden.

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