Ein Bürgermeister!?

Wäre das Ganze nicht irgendwie ernst, könnte man getrost von einer Posse sprechen: Doch der Hickhack zwischen dem wortgewaltigen Ortsbürgermeister Thomas Günther aus der Rheinhessen-Gemeinde Nierstein und dem Mainzer Leitenden Oberstaatsanwalt Klaus Puderbach um eine umgefahrene Laterne, den Verdacht von Falschaussage und die Amtsbezeichnung "Bürgermeister" haben sich über Wochen zu einem kleinen Krieg hochgeschauckelt.

Für nachhaltigen Verdruss sorgt dabei vor allem ein Strafbefehl über sechs Monate Haft auf Bewährung und 3000 Euro Geldstrafe, der den ehrenamtlichen Ortschef ereilte. Dabei hatte alles relativ harmlos angefangen: Ein Bürger informierte Günther über eine gerammte Straßenlaterne und der gab die "vertrauliche" Schadensmeldung an das Elektrizitätswerk weiter, jedoch ohne den Informanten zu nennen. So gab es eine Anzeige wegen Unfallflucht gegen unbekannt. Eineinhalb Jahre nach dem Vorfall flatterte Günther dann von den Strafverfolgern die Aufforderung ins Haus, den Informanten zu nennen. Doch der konnte sich nach eigenen Angaben nicht mehr erinnern - und wenn er sich erinnern könnte, wollte er den Namen nicht preisgeben. Das postwendend eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Falschaussage endete mit dem Paukenschlag Strafbefehl, auch wenn der aus Sicht Puderbachs noch "moderat ausfiel". Und weil der heftig protestierende Rathauschef, der eine Kampagne seiner politischen Gegner vermutet, in seinen Schreiben auch noch den Titel "Bürgermeister" verwendete, gab es gleich die nächsten Ermittlungen. Schließlich ist laut Gemeindeordnung festgelegt, "die Bürgermeister der Ortsgemeinden führen die Amtsbezeichnung Ortsbürgermeister". Nun wussten auch viele Kollegen Günthers nicht mehr, ob sie lachen oder weinen sollten, fühlten sie sich doch alle als Bürgermeister. Die CDU-Fraktion hat für ihren Parteifreund sogar eine Anfrage an das Innenministerium gestartet, um Aufklärung zu erhalten. Die Ermittlungen wegen des "Titel-Missbrauchs sind inzwischen vom Tisch", sagte Puderbach, der nun nur geringes Verschulden erkennen kann. In Sachen "Falschaussage" wird es nach Günthers Einspruch wohl eine Verhandlung geben. Der Informant hat sich übrigens inzwischen selbst "enttarnt".

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