Ein General und viel Attacke

Mehr Basisarbeit, mehr Bürgernähe, mehr Einigkeit: Die CDU in Rheinland-Pfalz hat sich viel vorgenommen, um Schlagkraft zu gewinnen und "Nachholbedarf" in Sachen Kampagnenfähigkeit abzuarbeiten. Dazu gab es einen neuen Generalsekretär und verstärkte Attacke auf den politischen Gegner SPD.

Mainz. CDU-Chef Christian Baldauf und seine neue rechte Hand waren sichtlich zufrieden. Exakt 83,38 Prozent der Delegierten des Parteitags im Frankenthaler Congressforum hatten soeben den Mediziner, Krankenhausmanager und Landtagsfraktions-Vizechef Josef Rosenbauer zum neuen Generalsekretär gewählt. Keine Rede mehr von parteiinterner Kritik

Vergessen war die parteiinterne Kritik an der überraschenden Ernennung des 41-jährigen Westerwälders vor Monaten zum kommissarischen Partei-"General". Rosenbauer war erleichtert, dass er mehr Stimmen (289 von 327) erhielt als erhofft, und Baldauf sichtlich zufrieden über die Rückendeckung nach rund einem Jahr an der Spitze von Partei und Fraktion.Vor der mit Spannung erwarteten Wahl des Generalsekretärs hagelte es reichlich Kritik an Ministerpräsident Kurt Beck und seinen regierenden Genossen. Hemmungslose "rote" Personalpolitik bei der Postenbesetzung, arroganter Umgang mit den Kommunen im vorgelegten neuen Landesentwicklungsprogramm und "pompöse Feierlichkeiten" rund um den 60. Geburtstag des Landes in dieser Woche prangerte Baldauf an. Den selbst gewählten Slogan "Wir machen's einfach" verstehe der SPD-Chef im Land offenbar als Motto, gegen alle Bedenken und Zurückhaltung "durchzuregieren", kritisierte der Unions-Vormann.Rosenbauer beschwor vor seiner Wahl die CDU, die für seine Partei nicht gerade schöne absolute SPD-Mehrheit als Chance zu sehen. Aus eindeutig zuzuordnenden Fehlern der Regierung, wie sie sich etwa im parteiübergreifenden Widerstand gegen das Landesentwicklungsprogramm zeigen, ist aus seiner Sicht viel besser politisches Kapital zu schlagen. Viele mahnende Worte gab von ihm allerdings auch an die eigenen Reihen, die nach vielen Jahren interner Rivalitäten, Lagerbildungen und Machtverlust 1991 wieder zusammenfinden müssten. Um für die Kommunalwahl 2009 und die Landtagswahl 2011 durchzustarten, dürfe man sich nicht selbst im Wege stehen, appellierte Rosenbauer und forderte Geschlossenheit ein. "Ich werde arbeiten, bis ich umfalle"

Seine Aufgabe sieht er nicht nur darin, die Parteibasis besser zu informieren und in Entscheidungen einzubinden. Er will auch mit dafür sorgen, die CDU einig und schlagkräftig zu machen, damit sie als David den anscheinend mächtigen Goliath SPD stellen kann. "Ich werde arbeiten, bis ich umfalle", kündigte Arzt Rosenbauer schon einmal vorsorglich an. Ganz so grenzen- und selbstlos müsse der Einsatz nicht ausfallen, warnten fürsorgliche Parteifreunde allerdings eilig. Zwar war die Wirtschaftspolitik inhaltliches Schwerpunktthema des Parteitages, doch brachte ein verabschiedeter Leitantrag nichts substanziell Neues. In seiner Rede sprach sich Baldauf allerdings für eine schlankere Verwaltung aus und stellte die Mittelbehörden, also die Aufsichts- und die Genehmigungsdirektionen als Nachfolger der Bezirksregierungen, infrage. Als Gastredner forderte Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger, die Steuermehreinnahmen teilweise auch für Investitionen zu nutzen, etwa für die Bundeswehr und für Verkehrsinfrastruktur. Meinung Mühevoller Neuanfang Am Ende waren fast alle zufrieden: Der CDU-Chef und sein Generalsekretär mit dem Wahlergebnis und dem Vertrauensvorschuss, das Parteivolk - alles in allem - mit dem Auftritt des neuen Duos. Doch diese Zufriedenheit ist relativ. Die CDU ist noch lange nicht soweit, Beck und seiner Mannschaft ernsthaft Paroli bieten zu können. Sowohl Baldauf als auch Rosenbauer, beide ja im Landtag keine Neulinge, haben bislang keine rhetorischen Glanzpunkte setzen können, erst recht nicht in der direkten Auseinandersetzung. Auch inhaltlich sind noch kaum Pflöcke eingeschlagen, die ein Gegenkonzept erkennen ließen. Zu vage wird meist noch abseits der Abteilung Angriff formuliert, zu wenig pointiert Standpunkt bezogen. Zugegeben: Nach Wahldebakel und personellem Neubeginn ist es schwer, rasch und überzeugend für Aufbruchstimmung zu sorgen. Manch leerer Platz in den Delegiertenreihen zeugte davon. Das häufige Beschwören der Einigkeit durch den General machte deutlich, dass die CDU noch einen langen Weg vor sich hat, um zu alter Schlagkraft im Landesverband zurückzufinden. Einfach Durchstarten läuft woanders. j.winkler@volksfreund.de

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