Ein Kampf gegen viele Barrieren

"Das Normalste ist das Wichtigste", sagt Ottmar Miles-Paul. Freundlich, aber hartnäckig will sich der neue Landes-Behindertenbeauftragte für seine Klientel einsetzen, damit sie "mittendrin" leben kann in der gewöhnlichen Welt, die jedoch noch viele Barrieren hat.

Mainz. Beobachter, Mahner und im Zweifelsfall auch Streiter will der seit sechs Wochen amtierende neue Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen, wie er sich offiziell nennt, sein. Mit den Begriffen ist das so eine Sache: Zuweilen sind sie sperrig. Aber es sei gut, sich darüber Gedanken zu machen, sagt Ottmar Miles-Paul. Gerade, wenn es um Behinderungen gehe, gebe es einen negativen Beigeschmack: mit Blindheit geschlagen, an den Rollstuhl gefesselt. Dabei wollen Menschen mit Behinderungen doch nur Teil des Ganzen sein, nicht ausgegrenzt durch Vorurteile und Denken in althergebrachten Schubladen.Der sehbehinderte gebürtige Oberschwabe Miles-Paul studierte Sozialwesen, arbeitete als Freiberufler im Medienbereich und setzt sich seit 20 Jahren in der Behindertenarbeit ein. Früher wurden Menschen mit Beeinträchtigungen diskriminiert und oft in eine Sonderwelt abgeschoben, weiß er aus eigener Erfahrung. Doch inzwischen hat ein Wechsel im Denken eingesetzt - hin zur Eingliederung. Allerdings braucht es zum Leben mitten in der Gesellschaft starkes Selbstbewusstsein. Und das kann es nach Überzeugung von Miles-Paul nur durch den Abbau von Barrieren geben.Ein zentraler Punkt: Gemeinden müssen barrierefrei planen. Was für den Rollstuhlfahrer stufenlose Übergänge sind und für den Sehbehinderten akustische Leitsysteme, ist für andere die leicht verständliche Behördensprache. Gleichstellung im Gesetz festzuschreiben, ist das eine, sie umzusetzen das andere. Auf Ansprüche zu pochen ist leichter, als nur die moralische Keule schwingen zu können, sagt der neue Beauftragte. Was ihn nach Rheinland-Pfalz gelockt hat? Viele positive Ansätze, denen er teilweise bundesweiten Modellcharakter zuspricht. Etwa die persönlichen Budgets, die das selbstbestimmte Leben Behinderter erleichtern, oder Zielvereinbarungen für mehr Barrierefreiheit.Stufenlose Übergänge und akustische Leitsysteme

Im Mainzer Fußballstadion gibt es Sportreportagen extra für Sehbehinderte, lobt Miles-Paul. Bei der Planung des Schwimmbades in der Innenstadt seien Behinderte vorbildlich beteiligt, alle Mainzer Busse behindertengerecht ausgerüstet worden. Das ist für ihn gelebte Gleichstellung. Die müsse es nicht nur für den Alltag, sondern auch für das Freizeit- und Kulturleben geben, mahnt er und verweist auf den Trierer Kulturführer für Behinderte, der demnächst vom Club Aktiv vorgestellt wird.Auch die schulische Integration ist für ihn ein zentraler Punkt. Der Ansatz mit Schwerpunktschulen im Land ist gut, aber ausbaufähig, so sein Urteil. Selbst wenn dann ein Teil der Kinder langsamer oder anders lernt, ist für ihn die soziale Erfahrung für alle ein absoluter Pluspunkt. Auch wenn die Welt noch voller Barrieren ist, Miles-Paul macht sich optimistisch auf den Weg zu seinem nächsten Termin: Mit Busunternehmen und Flughafengesellschaft wird eine Zielvereinbarung unterzeichnet, damit bald Rollstuhlfahrer problemloser zum Flughafen Hahn kommen. Wieder eine Barriere weniger.

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