Ein Stich genügt

Bauern und Tierseuchen-Experten sind alarmiert: Die für die Menschen ungefährliche Blauzungen-Krankheit breitet sich rasend schnell aus. 500 Schafe und Ziegen im Land sind bereits daran gestorben.

Trier. Im Frühjahr hatten die Experten noch gehofft, das Virus eindämmen zu können, die Ausbreitung der Blauzungen-Krankheit vielleicht sogar stoppen zu können. Doch weil es im Winter und Frühling viel zu warm war, haben die Larven der Mücken, die die Blauzungen-Krankheit übertragen, überlebt. Daher gibt es derzeit offenbar mehr dieser Gnitzen als je zuvor. Rasend schnell, rascher jedenfalls, als es die Experten erwartet haben, verbreitet sich das für die Menschen absolut ungefährliche (Fleisch und Milch betroffener Tiere können bedenkenlos verzehrt werden), aber für Schafe und Rinder oft tödliche Virus. Ein Stich einer Gnitze genügt. Bereits kurze Zeit später treten die Symptome auf: dick geschwollene Oberlippe, Speichel, der aus dem Maul tropft, entzündete Schleimhäute und Euter, hohes Fieber. Bei Schafen verfärbt sich die Zunge blau - daher der Name der Krankheit, die vor einem Jahr zum ersten Mal in Deutschland aufgetreten ist. Zumeist gehen die Schafe an der Krankheit zugrunde. Der Bauernverband spricht von hohen Verlusten in Schafbeständen. 500 Schafe und Ziegen sind in Rheinland-Pfalz bereits gestorben. Nun schlägt das Mainzer Umweltministerium Alarm: Tiere, die schwer erkrankt sind und zu verenden drohen, sollen getötet werden, um die Verbreitung des Virus' in den Griff zu bekommen, nachdem offenbar der Einsatz von Insektengift, wie bislang empfohlen, und die abendliche Stallpflicht für Schafe und Rinder nichts gebracht hat. Dramatischer Anstieg der Fallzahlen

Seit Juli gab es 314 neue Fälle im Land. Ein dramatischer Anstieg. Zum Vergleich: Bis April wurden gerade mal 81 Neu-Erkrankungen registriert. Mittlerweile ist die komplette Region betroffen: Allein im Kreis Trier-Saarburg ist die Krankheit in 31 Betrieben nachgewiesen worden, in Trier in einem, 20 Fälle wurden in den vergangenen Wochen in Bernkastel-Wittlich registriert. Bundesweit waren es in den vergangenen drei Monaten 1500. Auch aus Belgien und Luxemburg werden fast täglich neue Infektionen gemeldet (der TV berichtete). Das Umweltministerium hat gestern Rheinland-Pfalz komplett zum Restriktionsgebiet erklärt. Mit erheblichen Folgen für die Viehzüchter: Der Handel mit den Tieren ist eingeschränkt. Ab November, so hofft man im Ministerium, wird die Ausbreitung durch die niedrigeren Temperaturen eingedämmt. Die Bauern fordern eine wirksamere Bekämpfung des Virus'. Doch Medikamente gibt es bislang noch nicht, ein Impfstoff, der die Ansteckung verhindert könnte, soll erst im nächsten Jahr in Deutschland zugelassen werden. Immerhin will das Land den Landwirten unter die Arme greifen. 50 Prozent der Entschädigung für am Virus verendete Tiere sollen aus Mainz kommen. Im Umweltministerium geht man davon aus, dass man bis November für bis zu 400 Schafe und 200 Rinder Entschädigungen zahlen muss.

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