"Ein besonderer Sozialethiker"

TRIER. Als einen Mann, der sich in besonderer Weise um die Sozialethik verdient gemacht habe, würdigte Bischof Reinhard Marx am Donnerstag in seiner Laudatio in der Promotionsaula des Bischöflichen Seminars in Trier Paul Kirchhof, den ersten Träger des von der Stadt Trier ausgelobten Oswald-von-Nell-Breuning-Preises.

Der 1991 verstorbene Jesuitenpater Nell-Breuning, ein geborener Trierer, gilt bundesweit als Nestor der katholischen Soziallehre. Er sei eine der fünf herausragenden Persönlichkeiten der Stadt, stellte Oberbürgermeister Helmut Schröer heraus. Deshalb habe sich der Rat vor einem Jahr entschieden, an das epochale Lebenswerk Nell-Breunings mit einem Preis zu erinnern und damit zugleich die Verbundenheit zu ihrem Ehrenbürger zu dokumentieren. Würde des Menschen zum Maßstab gemacht

"Oswald von Nell-Breuning hätte seine helle Freude an diesem Preisträger gehabt", betonte Bischof Marx in seiner teils launigen, teils philosophischen, teils politisch gehaltenen Laudatio. Der ehemalige Bundesverfassungsrichter und Heidelberger Rechtsprofessor Paul Kirchhof sei "eine hervorragende Wahl". Marx machte dies an drei Punkten des Wirkens von Kirchhof deutlich: Der Preisträger habe stets die Würde des Menschen als wesentlichen Maßstab der Rechtsordnung betont, die grundlegende Bedeutung von Ehe und Familie für das Gemeinwesen herausgestellt sowie mit bahnbrechenden Betrachtungen zum Thema "Der Staat und die Steuern" geglänzt. "Diese drei Themen sind ganz geprägt von einem Denken, das sein Fundament in der christlichen Auffassung vom Menschen und vom Gemeinwesen hat." Das wiederum sei ganz im Sinne von Pater Nell-Breuning. Paul Kirchhof zeigte sich in seiner Dankesrede "bewegt, ein bisschen befangen und gleichzeitig beglückt". Er führte den rund 150 Gästen des Festaktes vor Augen, was ihm am meisten am Herzen liegt: "Wir müssen die große Gerechtigkeitsfrage unserer Gesellschaft beantworten." Die Familie spiele dabei eine zentrale Rolle. "Weil unser Steuersystem noch zu wenig familienfreundlich ist, erfüllen sich immer weniger Menschen ihren durchaus vorhandenen Kinderwunsch. Das bedeutet eine ernsthafte Gefährdung unserer Gesellschaft." Mit klaren, scharfen, amüsanten und bestechenden Worten sezierte der Preisträger anschließend das geltende Steuersystem und führte es ad absurdum. Sein Plädoyer für ein einfaches, transparentes und gerechtes Steuersystem führte ihn zu der mit Applaus bedachten Aussage: "Stellen wir uns einmal den Akt der Befreiung vor, den einfache Steuern mit sich bringen würden." Im Beisein seiner Familie und unter lang anhaltendem Beifall der Gäste trug sich Paul Kirchhof schließlich ins Goldene Buch der Stadt Trier ein. Einen Förderpreis erhielt Alexander Saberschinsky, Leiter der Bibliothek des Deutschen Liturgischen Instituts Trier, für seine Dissertation "Menschenrechte zwischen Begründung und Universalisierbarkeit. Zum Begründungsansatz der Katholischen Soziallehre".

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