"Ein gewisses Flucht-Risiko besteht"

MAINZ. Das Projekt "Heimunterbringung statt Untersuchungshaft" steht nach Angaben des rheinland-pfälzischen Justizministers Herbert Mertin (FDP) trotz der Bluttat an einer 26-jährigen Erzieherin nicht in Frage. Der Minister sieht jedoch Sicherheitsmängel im konkreten Fall, wie er im TV -Interview sagt.

Was ist schief gelaufen in Rodalben? Mertin: Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft muss vor allem geklärt werden, weshalb das Tatwerkzeug Messer zugänglich war. Zudem muss natürlich geklärt werden, warum die Erzieherin alleine zu den Jugendlichen gegangen ist und niemanden mitgenommen hat. Gibt es Sicherheitsmängel bei dem Projekt? Mertin: Dafür sprechen die Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft. Ein solches Messer hätte nicht zugänglich sein dürfen. Da muss die Frage gestellt werden, wie es dazu kam. Ist das Konzept Heimunterbringung statt Untersuchungshaft gescheitert? Mertin: Es ist nicht gescheitert, weil der Grundgedanke, möglichst früh bei Resozialisierung und Wiedereingliederung anzusetzen, ja vernünftig ist. Man muss im konkreten Fall untersuchen, wie es zu dieser Tat kommen konnte. Idee und Konzept sind richtig und sinnvoll. Dem möglicherweise aufkommenden Problem der Glaubwürdigkeit muss durch umfassende Aufklärung begegnet werden. Ist die Gefährlichkeit der Täter unterschätzt worden? Mertin: Es ist zu prüfen, ob unterschätzt wurde, dass jemand, der in ein solch entweichungssicheres Heim kommt, natürlich den Drang hat, wieder in Freiheit zu kommen. Sonst hätte das Gericht ja nicht eine derartige Unterbringung ausgewählt. Aber das Gericht nimmt eben auch Rücksicht auf den verfügbaren Erkenntnisstand, ob im jeweiligen Fall unter Umständen eine frühzeitige Behandlung der Resozialisierung förderlich ist. Die kann in der Untersuchungshaft nicht vorgenommen werden. Aber ein gewisses Risiko, dass die Jugendlichen flüchten wollen, besteht. Sonst würde man sie nicht in einem solchen Heim unterbringen. Was muss geändert werden an diesem Konzept? Mertin: Es wird eine Untersuchung geben und eine Arbeitsgruppe des für die Heimunterunterbringung zuständigen Sozialministeriums, bei der das Justizministerium mit eingebunden ist. Dann müssen die Abläufe in Abstimmung mit dem Heim so festgelegt werden, dass so etwas nicht mehr passieren kann. Es müsste zum Beispiel bestimmt werden, dass nachts bei solchen Vorfällen der Erzieher oder die Erzieherin nicht alleine zu den Jugendlichen geht und entweder einen zweiten Mitarbeiter oder gegebenenfalls einen Polizeibeamten mitnimmt. Aber das ist erst zu bewerten, wenn wir alle Fakten kennen. Das Gespräch führte unser Redakteur Joachim Winkler.

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