Ein großes Kind der Märzrevolution

TRIER. Vom 28. Mai bis zum 1. Juni werden sich tausende katholischer und evangelischer Christen zum ersten ökumenischen Kirchentag in Berlin treffen. Bis zum Auftakt des Kirchentages beschäftigt sich der TV in einer Serie mit diesem Thema. Heute im ersten Teil: die Geschichte von Katholikentag und Kirchentagen.

Die Befreiung aus staatlicher Bevormundung: Sie war eines der Ziele der Märzrevolution in Deutschland von 1848. Und sie war auch Ziel der "ersten Generalversammlung des katholischen Vereins Deutschlands" am 3. Oktober 1848. Dieses Datum markiert den Beginn der Katholikentage. Vor der Märzrevolution unterstand die Kirche den Landesfürsten, sie wurde verwaltet wie Zölle oder wie Steuern. Da es dank der Märzrevolution neue Freiheiten bei der Vereinsgründung gab, schlossen sich zunehmend katholische Laien und Priester zu Piusvereinen zusammen. Aus deren Zusammenschluss wiederum entstand der "Katholische Verein Deutschland" - eine Priester- und Laienorganisation, die sich mit der Emanzipation der Kirche von den Landesfürsten beschäftigte, aber auch mit der Sorge um Katholiken in der Diaspora, die Fürsorge für Arme und Kranke und den Einsatz für den Erhalt katholischer Schulen. 1868 wurde erstmals ein "geschäftsführendes Zentralkomitee" des Vereins gewählt - Vorläufer des Zentralkomitees deutscher Katholiken (ZdK). Im Laufe des "Kulturkampfs" zwischen Preußischem Staat und Katholischer Kirche löste sich das Zentralkomitee vier Jahre später auf, um einem drohenden Verbot zuvorzukommen. Die Generalversammlungen wurden jedoch fortgesetzt und entwickelten sich allmählich zu einem Sammelbecken der deutschen Katholiken. Während der Weimarer Republik wurden die Treffen zu Massenveranstaltungen, die Besucherzahlen steigerten sich auf mehrere Hunderttausend. Die Nazis verboten die Katholikentage und zerschlugen das katholische Vereinswesen. Doch schon 1948 gab es wieder einen Katholikentag. Seit 1950 werden die Treffen in zweijährigem Rhythmus veranstaltet. In der Nachkriegszeit begannen sich auch evangelische Laien mit Kirchentagen zu organisieren. In Hannover gründete 1948 Reinold von Thadden-Trieglaff mit Freunden zusammen den Deutschen Evangelischen Kirchentag - eine Bewegung evangelischer Laien, die ihre Unabhängigkeit von der Amtskirche betonten. Nach dem Bau der Berliner Mauer trennten sich gezwungenermaßen die Wege der Evangelischen Laien. Deutscher Evangelischer Kirchentag und Evangelischer Kirchentag in der DDR blieben jedoch in engem Kontakt zueinander und vereinigten sich schließlich zwei Jahre nach der Wende wieder. Evangelische Kirchentage und Katholikentage werden im Wechsel veranstaltet: In ungeraden Jahren treffen sich die evangelischen Christen, in geraden die katholischen. Gemeinsam ist den Laienveranstaltungen, dass von ihnen viele gesellschaftliche Initiativen aufgenommen wurden und auch ausgegangen sind, etwa die Friedensbewegung oder Diskussionen um Umweltschutz und nachhaltiges Wirtschaften. Mammut-Veranstaltung erstmals gemeinsam

Gemeinsame Veranstaltungen vom Zentralkomitee deutscher Katholiken und dem Evangelischen Kirchentag gab es schon häufiger, meist jedoch nur auf Ebene der Gremien. Mitte der 90er Jahre entstand die Idee, einen gemeinsamen Kirchentag zu veranstalten. Ins Auge gefasst wurde schließlich das Jahr 2003. Die Bundeshauptstadt Berlin wurde 1999 als Veranstaltungsort ausgewählt. Rechtsträger des Kirchentages ist der Verein "Ökumenischer Kirchentag Berlin 2003 e.V.". Geplant und organisiert wird die Mammut-Veranstaltung von einem gemeinsamen Präsidium und einem gemeinsamen Vorstand der beiden kirchlichen Laienorganisationen sowie von einer 70-köpfigen Geschäftsstelle in Berlin. Im nächsten Teil unserer Serie: Welches Programm die Kirchentagsbesucher erwartet, und wie die Region in Berlin vertreten ist.

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