Ein süßes Parlament

Politik ist hartes Brot. Davon konnten sich Beteiligte und Interessierte bei der jüngsten Haushaltsdebatte im Mainzer Landtag überzeugen: Zahlen über Zahlen, Vorwürfe über Vorwürfe, Ungereimtheiten über Ungereimtheiten.

Am Ende ging man wieder einmal genau so schlau auseinander wie man zusammen gekommen war. Doch inzwischen ist es guter Brauch bei den Volksvertretern, sich die Zeiten im Plenum zu versüßen. Eine regelrechte Bonbon-Connection herrscht in den Regierungsreihen - zuweilen auch in der FDP-Fraktion. Ministerpräsident Kurt Beck, gerade aus China zurückgekehrt, verteilte die Zuckerles gleich im Dutzend an die gesamte Ministerriege und heizte damit Spekulationen über Doping mit ominösen fernöstlichen Kräuterbonbons an, mit deren Hilfe man die Oppositionsattacken besser erdulden könnte. Doch die Angriffe erwiesen sich auch ohne Stimulanz der Abwehrkräfte als harmlos. Nachdem Beck selbst lang und breit dagegen geredet hatte, gab es sogar kleine Stückchen Marzipan-Schokolade als Belohnung - für die brav zuhörenden Minister und für sich selbst. Gerüchte, der Pfälzer Genießer herrsche über die Seinen mit Zuckerbrot und Peitsche, dementierte der Regierungssprecher umgehend. Sozialministerin Malu Dreyer fand, dass Becks Bonbons einfach nur toll schmecken, wenn sie auch nicht genau wusste wonach - und damit die Spekulationen nicht aus der Welt waren. Weit weniger genussvoll war dagegen für die CDU die parlamentarische Auseinandersetzung, tobt in ihren Reihen doch seit Wochen die verlustreiche Auseinandersetzung um die nächste Spitzenkandidatur. "Das Einzige, was bei der CDU schnell geht, ist der Personalwechsel", stichelte die SPD. "Wenn du im Loch bist, grabe nicht weiter", zitierte Fraktionschef Joachim Mertes den amerikanischen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, der ähnlich wie die Christdemokraten derzeit nicht gerade groß dasteht. Dabei müsste der von der eigenen Partei arg gebeutelte und oft unverstandene CDU-Vormann Christoph Böhr spätestens nächste Woche wissen, wie man es auf die Sieger-Straße schafft. Am Donnerstag stellte er das Buch "Politisches Marketing" von Professor Markus Karp vor, das sich vor allem mit der politischen Kommunikation, also dem Verstehen und Verstanden Werden im schwierigen Umfeld, beschäftigt. Am Montag steht eine Podiumsdiskussion unter dem viel sagenden Motto "Alles nur Theater?" auf Böhrs Terminkalender, bei dem manch seltsames Schauspiel hinterfragt werden könnte. Einen Tag später geht es zu einer Regionalkonferenz: Der bezeichnende Titel: "Projekt Wachstum".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort