Eine Totenstadt für Gutbetuchte

Mit repräsentativen Grabkapellen oder Säulenhallen haben Menschen schon immer versucht, Status und Andenken für die Nachwelt zu dokumentieren. Der zunehmenden Tendenz zu Einäscherung und anonymer Bestattung soll bald nahe Braubach am Rhein die Mausoleenstadt "Wald-Nekropole" entgegengesetzt werden.

Mainz. Von jeher waren Friedhöfe weit mehr als ein Ort der Stille und des Gedenkens. Nicht nur für Archäologen sind die Totenstädte ein Schlüssel zur jeweiligen Kultur. Während seit Jahren die Zahl anonymer Urnenbestattung ohne Folgekosten für die Angehörigen steigt, setzt Hans-Dieter Ilgner auf die Gegenbewegung: "Es gibt ein wachsendes Interesse an exklusiver Bestattung und sich schon zu Lebzeiten ein Denkmal zu setzen." Der 67-jährige frühere Bürgermeister, der 18 Jahre der Verbandsgemeinde Braubach vorstand, hofft, dass bis zum Jahresende für sein ambitioniertes und landesweit einzigartiges Projekt Friedhofspark "Wald-Necropole" das Planverfahren abgeschlossen ist. Gegen einige Skepsis musste der jetzt als Geschäftsführer firmierende Ex-Kommunalpolitiker ankämpfen mit seiner Idee für die Mausoleenstadt auf dem Gelände eines ehemaligen Munitionsdepots mitten im Forst.Bei seiner Verabschiedung 2001 wurde Ilgner nicht nur als "Macher und Anpacker" gewürdigt, sondern als risikofreudiger, kreativer Mann mit Visionen und Mut. Diesem Ruf will er gerecht werden. Denn so, wie es im Leben Arm und Reich gibt, dokumentiert sich die gesellschaftliche Stellung für ihn auch im Tod. Die Bestattung Verstorbener in einem Sarkophag im eigenen Totenhaus sieht er als Ausdruck einer würdevollen und gleichzeitig repräsentativen Bestattungskultur.Dass das Ganze nicht gerade kostengünstig ist, versteht sich von selbst. Durchschnittlich sind die Baukosten einer Villa, also mindestens mehrere hunderttausend Euro hinzulegen, um sich ein Denkmal zu setzen, sagt Ilgner.Wo die Nachfrage stimmt, gibt es auch Investoren

Wer so viel Geld ausgibt, um sich der Nachwelt möglichst lange in Erinnerung zu bringen, will sein Werk im Regelfall vor dem Ableben bewundern können. Der Erwerb von Nutzungsrechten an alten Mausoleen etwa auf Hamburger Friedhöfen belegt aus Sicht des Unternehmers, dass es Nachfrage nach exklusiver Totenruhe gibt. Und wo die Nachfrage stimmt, gibt es auch Investoren für eine Mausoleenstadt. Maximal bis zu 20 Meter hoch und damit keinesfalls höher als die Baumwipfel sollen die Bauten werden. Ilgner will auch sicherstellen, dass aus der Gräberstadt kein "Disneyland" wird, wie er versichert. Das Gelände im Naturpark Nassau soll zudem weiter forstwirtschaftlich genutzt werden. Kommunal- und Landespolitik hat Ilgner schon seit Jahren bei dem Projekt auf seiner Seite, erhofft man sich auch wirtschaftliche Impulse für die heimischen Betriebe durch die Totenstadt. Mit dem bereits in der Nachbarschaft zur gut 30 Hektar groß geplanten Nekropole genehmigten Baumfriedhof gibt keine Konkurrenz. In Betrieb ist direkt nebenan eines der größten Krematorien Deutschlands, das für 20 000 Einäscherungen ausgelegt ist.Ob in Ilgners geplantem Friedhofspark Verstorbene als Asche in der Urne oder einbalsamierte Leichname beigesetzt werden, bleibt den Betroffenen überlassen. Auch Vorgaben an die Religion gibt es nicht. Gewahrt werden soll allerdings ein architektonischer und künstlerischer Anspruch, bei dem jedes Grabmal sein individuelles Gesicht hat. Der Ex-Bürgermeister will die Wald-Nekropole zu einem Gesamtkunstwerk mit Museumscharakter werden lassen und hofft, dass sich dabei auch ein Künstlerhof mit Steinmetzen, Bildhauern und Malern bildet. So könnte die Nekropole zu einem Zentrum für Grabmalkunst werden, schwebt dem Mann mit Visionen vor.

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