Eine Wurst für ein Menschenleben

TRIER. "Fit für den Ernstfall" hieß es am Wochenende auf dem Gelände der ehemaligen französischen Kaserne Castelnau in Trier-Feyen. Dort übte der Katastrophenschutz Wiesbaden vier Tage lang mit Rettungshunden die Bergung von Opfern auf schwierigem Gelände.

Die achtjährige Kira hat eine Menge Erfahrung. Zielstrebig umkreist der belgische Schäferhund das verfallene Gebäude, während ihr Herrchen Ralf Gilles in der Mitte steht, aufmerksam jede ihrer Regungen betrachtet. Dann läuft der drahtige Hund mit dem hellbraunen Fell in das Haus, schnüffelt in den Ecken, bleibt plötzlich stehen, schaut nach oben und beginnt zu bellen.Tiere mit Spaß bei der Sache

"Brav, Kira", sagt Ralf Gilles. Kira hat eine Frau gefunden, die zusammengekauert auf einem Mauervorsprung unter der Decke des Gebäudes sitzt. "Platz!", befiehlt Kiras Herrchen. Sie muss ausharren, damit die Retter zu der Frau vordringen können, ohne dass der Hund stört. Erst danach gibt Gilles das Signal. Die Frau, die eben noch das verzweifelte Opfer gespielt hat, das auf dem Ziegelvorsprung Schutz suchte, wedelt jetzt fröhlich mit einer Wurst aus Stoff, in die Kira herzhaft beißt und die sie hingebungsvoll schütteln darf. Alles nur eine Übung - und der Hund bekommt seine Belohnung. "So funktioniert die Arbeit mit den Rettungshunden", erläutert Staffelführer Stefan Walter. Immer würden die Hunde mit einem kleinen Spiel mit der "Beißwurst" belohnt, wenn sie bei einer Übung ein vermeintliches Opfer gefunden hätten. So behielten die Tiere den Spaß an der Sache. "Außerdem üben wir nie bis zur Erschöpfung", betont Walter. "Der Hund soll immer aufhören, wenn es ihm am meisten gefällt, damit er auch beim nächsten Mal wieder mit Freude dabei ist." 25 Hundeführer des Wiesbadener Katastrophenschutzes waren mit ihren 28 Tieren in Trier-Feyen, um dort die verschiedensten Übungen rund um den Ernstfall zu machen: in Gruppen, einzeln, in Gebäuden, in Trümmern. Und überall lauern andere Schwierigkeiten. Die richtige Strategie bei der Suche und die Disziplin der Tiere sind die Schlüssel zum Erfolg. Insgesamt sind bei dem intensiven Übungswochenende 55 meist ehrenamtliche Helfer dabei. Sie übernachten - gemeinsam mit den Hunden - in einem großen Zelt, waschen sich in einem der verfallenen Kasernengebäude und werden von einer Feldküche verpflegt. "Alles wie bei richtigen Einsätzen", sagt Karlheinz Hartenfels, stellvertretender Leiter des Katastrophenschutzes Wiesbaden. Intensive Übungen wie die auf dem ehemaligen Kasernengelände werden jedes Jahr auf einem anderen Gelände gemacht, manchmal sind auch Prüfungen dabei. 17 der 28 Hunde sind voll ausgebildet und als Suchhunde einsetzbar, die anderen müssen noch mit ihren Herrchen und Frauchen trainieren. "Ich habe schon den dritten Hund, mit dem ich arbeite", sagt Sabine Ziegler. Je nach Rasse kann es bis zu drei Jahre dauern, bis ein Hund perfekt ausgebildet ist. "Deutsche Schäferhunde lernen am schnellsten, doch andere, wie der belgische Schäferhund, sind mindestens ebenso gut einsetzbar, wenn sie erst fit sind." Und wenn die Hunde älter werden und nicht mehr so lange durchhalten können? "Dann werden sie eingesetzt, um die Suchergebnisse der jüngeren Tiere zu prüfen", sagt Sabine Ziegler. "Es ist wie bei den Menschen: Die jüngeren haben mehr Energie, aber die älteren haben mehr Erfahrung. Und beides zusammen gibt ein gutes Ergebnis."

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