"Es fehlt an Fingerspitzengefühl"

Minister geraten wegen ihrer Nutzung der Flugbereitschaft immer wieder in die Kritik. Im Interview mit dem TV fordert der grüne Haushaltsexperte Alexander Bonde deshalb, dass die Ministerien solche Flüge künftig selbst bezahlen sollen.

Berlin. (has) Vor einigen Monaten wurden die Flugbewegungen von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) heftig kritisiert, jetzt ist Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) wegen eines teuren Hubschrauberfluges ins Trudeln gekommen. Erst wenn die Ministerien solche Flüge selbst bezahlen müssten, werde mehr auf die Kosten geachtet, sagt Haushaltsexperte Alexander Bonde. Mit Bonde sprach unser Korrespondent Hagen Strauß.

Herr Bonde, sind Spitzenpolitiker in Sachen Nutzung der Flugbereitschaft nicht sensibel genug?

Bonde: Es gibt Situationen, da müssen Minister mit der Flugbereitschaft fliegen. Die Abwägungen in den Ministerien müssen aber noch genauer getroffen werden. Es fehlt vielen eindeutig an Fingerspitzengefühl.

Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aus dem "Fall" Schavan?

Bonde: Ich halte Veränderungen für dringend notwendig, weil die Flugfreude von Frau Schavan erneut zeigt, dass die vermeintlich kostenlose Verfügbarkeit der Flugbereitschaft Fehlanreize setzt.

Was schlagen Sie vor?

Bonde: Ganz einfach: Bislang begleicht die Rechnungen ja das Verteidigungsministerium. Geht es aber ans eigene Budget, wird wesentlich verantwortlicher damit umgegangen werden, als wenn es etwas umsonst gibt. Das ist für den Steuerzahler meist die teuerste Variante. Die Ministerien sollten deshalb künftig die Kosten für die Nutzung der Flugbereitschaft aus dem eigenen Reise-Etat bestreiten. Eine solche Regelung wird dazu führen, dass die Flugbereitschaft erst eingesetzt wird, wenn es auch wirklich notwendig ist. Schavans Ministerium hätte dann sicherlich dreimal darüber nachgedacht, ob man für eine Strecke von 146 Kilometern mehr als 26 000 Euro ausgibt.

Warum sperren sich die Ministerien offenbar dagegen?

Bonde: Weil die Kostenabrechnung über das Verteidigungsministerium natürlich für die Ministerien deutlich einfacher ist. Zusätzliche Abrechnungen und Verrechnungen oder andere Reise-Etats der Minister scheuen alle, weil es für sie komplizierter wird.

Würde eine Verlagerung der Flugbereitschaft von Bonn nach Berlin helfen, unnütze Flüge zu verhindern?

Bonde: Den Fall Schavan hätte das nicht verhindert. Die Teile, die den Regierungsflugbetrieb machen, müssen aber in der Tat dauerhaft nach Berlin kommen. Massenhafte Transferflüge von Bonn nach Berlin würden dadurch deutlich gemindert. Das spart Kosten und reduziert den CO{-2}-Ausstoß.

zur person

Alexander Bonde (33, Foto: privat) ist seit 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages. Seit Mai 2008 ist Bonde haushaltspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

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