"Es geht weiter bis zum Exitus"

LUXEMBURG. Juristische Schlappe für das Luxemburger Satiremagazin "feierkrop": Weil das Blatt einen später wegen Korruption verurteilten Ex-Beamten vorverurteilt haben soll, müssen die schreibenden Lästermäuler einen Euro Schmerzensgeld zahlen.

"Exotisch" und "seltsam" nennt Jacques Drescher das Urteil des Luxemburger Bezirksgerichts. Einen Euro Schmerzensgeld soll der Chef des respektlosen Satiremagazins "feierkrop" zahlen, weil sich das Blatt während eines laufenden Prozesses über den Angeklagten lustig gemacht hatte. Der Angeklagte war Jean Morby, im "Ländchen" alles andere als ein Unbekannter. Der ehemalige Abteilungsleiter im luxemburgischen Transportministerium stand jahrelang in Verdacht, gegen Bestechungsgelder großzügig Transportlizenzen insbesondere an ausländische Spediteure vergeben zu haben. Vor gut einem Jahr wurde der pensionierte Regierungsrat schließlich wegen Korruption zu einer neunmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Der "feierkrop" berichtete seinerzeit laufend über den Prozess - in der dem Satiremagazin eigenen Art. Als etwa bekannt wurde, dass Morby sich einst von einem Spediteur Geld für eine Einbauküche geborgt haben soll, schrieb das Blatt: "Auf die Idee, sich das Geld bei einer Bank zu leihen, wie das Normal-Sterbliche tun müssen, kam der hohe Staatsbeamte nicht." Weil Jean Morbid, wie Morby vom "feierkrop" stets despektierlich genannt wird, zudem kurz zuvor von seiner Heimatgemeinde mit einer goldenen Uhr geehrt wurde, lästerte das Drescher-Blatt: "Das Geschenk kann er ruhig annehmen, denn eine goldene Uhr ist ja keine Einbauküche." Nicht nett, aber auch nicht wirklich böse. Das sahen der ehemalige Beamte und auch das luxemburgische Bezirksgericht freilich anders. Weil der "feierkrop" Morby vorverurteilt und die Unschuldsvermutung nicht berücksichtigt habe, verurteilte der Richter die einmal wöchentlich erscheinende Satire-Zeitschrift zu einem symbolischen Schmerzensgeld von einem Euro - 125 000 Euro hatte Morbys Anwalt Gaston Vogel ursprünglich gefordert. Ob das Blatt den einen Euro artig überweist oder in Berufung geht, steht laut "feierkrop"-Chef Drescher ("Wenn das so weiter geht, ruinieren die uns noch") nicht fest. Geistig moralisch bereitet sich der luxemburgische Läster-König indes schon auf den nächsten Prozess vor. Mehrere Klagen gegen das freche Satireblatt sind noch anhängig. Eine davon kommt laut Drescher von Morbys Anwalt Gaston Vogel selbst: Eine Fotomontage des Juristen hatte der "feierkrop" Anfang Februar mit der Überschrift "Achtung Vogelgrippe!" veröffentlicht. Ein Ende der fröhlichen Prozessierei ist übrigens nicht in Sicht. Im Gespräch mit unserer Zeitung kündigte Vogel an: "Vier Prozesse sind anhängig, und jede Woche kommt einer hinzu." Der Jurist hat sich offenbar auf eine lange Auseinandersetzung mit der "Scheiß Zeitung" (O-Ton Vogel) eingestellt: "Sagen Sie der anderen Seite, dass es weiter geht bis zum Existus."

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