"Es gibt keine Alternative"

TRIER. Das Bistum Trier hat am Donnerstag sein umfangreiches Spar-Paket der Öffentlichkeit vorgestellt. Durch Teilrückzug aus der Kindergarten-Trägerschaft, die Schließung von Einrichtungen sowie die Streichung und Senkung von Zuschüssen sollen jährlich 30 Millionen Euro eingespart werden. 160 Stellen fallen weg.

Donnerstagmorgen, kurz vor 10 Uhr, vor dem Trierer Generalvikariat, dem Verwaltungssitz des Bistums: Etwa 80 Studenten marschieren, ausgestattet mit Spruchbändern und Trillerpfeifen, vor dem Haupteingang auf und demonstrieren lautstark gegen die womöglich bevorstehende Schließung ihrer Hochschule. Ende vergangener Woche hatte unsere Zeitung erstmals von internen Plänen des Generalvikariats berichtet, sich aus der Finanzierung der Katholischen Hochschule für Soziale Arbeit in Saarbrücken zurückzuziehen. Dies würde de facto das Aus für die größtenteils aus Bistumsmitteln getragene Uni bedeuten. Gestern wurden die von einer Bischofs-Kommission erarbeiteten 41 Spar-Vorschläge veröffentlicht - der geeignete Zeitpunkt, dachten die Studenten, möglichst frühzeitig gegen die Rotstift-Politik des Bistums zu demonstrieren.Keine Rede von X-, Y- oder Z-Dorf

Während vor der Glaseingangstür des Generalvikariats die Sprechchöre erklingen, stehen im Inneren Finanz-Chef Bernd Franken, Sprecher Hans Casel und Fernsehpfarrer Stephan Wahl einträchtig nebeneinander und schauen skeptisch auf die Studenten-Ansammlung. Die drei Kirchenleute mögen insgeheim ahnen, dass dies wohl nur ein Vorgeschmack ist auf das, was in den kommenden Wochen droht: reihenweise Protestzüge und -noten im gesamten Bistum gegen die von oben ausgelöste Schließungs- und Kürzungswelle. Wie der TV bereits gestern berichtete, will das Trierer Generalvikariat jährlich mindestens 30 Millionen Euro einsparen - etwa ein Zehntel des Gesamthaushaltsvolumens. "Zur Kostensenkung gibt es keine Alternative", sagt Generalvikar Werner Rössel und lässt seinen Finanzchef Bernd Franken zum Beweis die düsteren Rahmenbedingungen skizzieren: rückläufige Kirchensteuer, weniger Geburten, mehr Kirchenaustritte, weniger öffentliche Zuwendungen, millionenschwerer Sanierungsbedarf. Während Franken die Journalisten mit seiner Power-Point-Präsentation auf die später von Rössel vorgestellten Rotstift-Pläne einschwört, haben sich die studentischen Demonstranten vor der Eingangstür zu einer löchrigen Sitzblockade niedergelassen. Ihr Pfeifen und Trillern ist auch im Presseraum noch zu hören. "Aus gegebenem Anlass", sagt Rössel, "gehe ich zuerst auf die Hochschule Saarbrücken ein" - bundesweit die einzige dieser Art, die zu 75 Prozent aus Bistumsmitteln finanziert werde. "Wenn's dabei bleibt", meint Rössel kurz und knapp, "können wir nicht daran festhalten." Beschlossene Sache ist auch der Ausstieg aus jedem fünften Kindergarten in kirchlicher Trägerschaft. "Wir haben ja in diesem Bereich fast eine Monopol-Stellung", sagt Rössel ungewohnt selbstkritisch. "Dabei leben wir in einer pluralistischen Gesellschaft, in der die Eltern Wahlmöglichkeiten lieben." Klingt irgendwie so, als käme das Bistum mit dem Teilrückzug aus der Kindergarten-Trägerschaft einem Wunsch der Eltern entgegen. Welcher Kindergarten betroffen sein wird, kann oder will Rössel nicht sagen. "Wir sprechen jetzt noch nicht vom X-, Y- oder Z-Dorf." Das zu konkretisieren, sei Aufgabe "unserer Fachabteilung". Bereits fest steht dagegen das Aus für die Landvolkhochschule Kyllburg (Kreis Bitburg-Prüm). Kursteilnehmerzahlen und Weiterbildungsstunden seien rückläufig, sagt Rössel zur Begründung. Für die demnächst geschlossene Schule solle auf der Katholischen Akademie eine neue Referentenstelle eingerichtet werden. Kurioserweise steht aber auch die Akademie selbst auf der bischöflichen Streich-Liste: eine Dozenten- und eine halbe Sekretariatsstelle sollen demnach wegfallen. Bevor das Spar-Paket in der zweiten Juli-Woche von Bischof Reinhard Marx endgültig abgesegnet wird, dürfen Betroffene und Kirchengremien noch ihre Bedenken vortragen. Änderungen seien möglich, sagt Rössel, doch an den 30 Millionen Euro Einsparvolumen werde festgehalten. Die nächste Demonstration gegen die bischöfliche Rotstift-Politik lässt übrigens nicht lange auf sich warten. Bereits für morgen ist eine Protest-Aktion von Katholiken aus Gillenfeld (Kreis Daun) angekündigt. Sie ärgern sich, dass Gillenfeld bei der kürzlich verabschiedeten Bistums-Strukturreform dem neuen Dekanat Daun-Kelberg statt bisher Manderscheid zugeordnet wurde. "Eine gewachsene und lebendige Zusammenarbeit wurde damit zerstört", sagen die Initiatoren. Als Zeichen des Protests verteilen die Gillenfelder am Samstag - parallel zu den Heilig-Rock-Tagen - Denkzettel vor dem Dom. An Bilder dieser Art werden sich Triers Kirchenobere in den nächsten Wochen wohl noch gewöhnen müssen.

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