"Eva-Infarkt" von Frauen unterschätzt

MAINZ. (ren) Von wegen "Männerkrankheiten": Bei Frauen steigt das Risiko für Herzinfarkt, verengte Kranzgefäße und Schlaganfall ab dem 45. Lebensjahr deutlich an. Das geht aus der Jahres-Statistik 2005 der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) für Rheinland-Pfalz hervor.

Der gefürchtete Brustkrebs und andere Krebsarten sind nicht die häufigste Todesursache: In Deutschland stirbt jede vierte Frau an Krebs, aber jede zweite an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung.Noch ist es so, dass Frauen seltener und im Durchschnitt zehn Jahre später erkranken als Männer. Für den Krankenstand in Betrieben und Unternehmen, der 2005 in Rheinland-Pfalz auf ein neues Rekord-Tief von 3,3 Prozent gesunken ist, fällt daher "Herz-Kreislauf" bei Frauen kaum ins Gewicht. Aber "ohne Vorsorge ist in Zukunft mit einem früheren Krankheitsbeginn bei Frauen zu rechnen", warnt die Medizinerin Katrin Krämer vom Berliner Forschungsinstitut IGES, das die Daten für die DAK auswertet.

Nikotin und Homone sind Gift

Ein Grund: Beim Risikofaktor "Rauchen" holen die Frauen auf. Der Glimmstängel erhöht ihr Infarktrisiko um den Faktor vier. Nehmen sie gleichzeitig die "Pille", steigt das Risiko aufs Zwanzigfache. Die Kombination aus Nikotin und Hormon-Einnahme "ist das Übelste, was sich eine junge Frau antun kann", sagt Norbert Wittlich, niedergelassener Kardiologe in Mainz. Auch Diabetes steigert das Infarkt-Risiko für Frauen stärker als für Männer, zudem sind 27 Prozent der Frauen zwischen 40 und 65 Jahren stark übergewichtig.

Geringere Überlebenschancen

Erleiden Frauen einen Infarkt, haben sie geringere Überlebenschancen. "Frauen-Herzen schlagen anders", sagt Wittlich - im medizinischen Sinne. Während Männer meist einen heftigen Schmerz hinter dem Brustbein sowie Todesangst spüren, haben Frauen andere Symptome. Rückenschmerzen, Übelkeit mit Erbrechen, tiefe Müdigkeit und Schweißausbrüche werden selbst vom Hausarzt oft nicht als Infarkt-Zeichen erkannt, die Einlieferung in eine Klinik verzögert sich um ein bis zwei Stunden. Dort ist der "Eva-Infarkt" schwieriger zu diagnostizieren: Das Belastungs-EKG liefert oft falsche Hinweise, erst ergänzende Verfahren sichern den Befund. Mit besserer Vorsorge wären viele Herztode vermeidbar, darin sind sich DAK und Facharzt einig. Eine repräsentative Umfrage unter rheinland-pfälzischen Frauen ab 35 ergab, dass nur ein Fünftel von ihrem Hausarzt auf die Untersuchung "Check up 35" hingewiesen wurden, die von den Krankenkassen alle zwei Jahre bezahlt wird. Im Kampf gegen den Risikofaktor Rauchen und Passiv-Rauchen sieht die DAK den Gesetzgeber gefordert: "Es ist notwendig, dass die Politik hier tätig wird", so Landesgeschäftsführer Lothar Wonke. Ein Rauchverbot in öffentlichen Räumen sei überfällig.

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