Fahndung nach Personalreserven

MAINZ. Seit mehr als zwei Jahren denkt das Mainzer Innenministerium heftig über neue Strukturen und Arbeitsverteilungen der Polizei nach. Sinn der Übung: Mit geschrumpfter Personaldecke mehr Fälle lösen.

Mehr Kripo-Arbeit für die Polizei-Inspektionen, weniger und größere Kommissariate und verstärkte Fahndungseinheiten vor Ort sollen die Verbrechensbekämpfung in Rheinland-Pfalz effektiver machen. Da die leere Landeskasse auf absehbare Zeit kein zusätzliches Personal erwarten lasse, seien organisatorische Veränderungen unumgänglich, heißt es in einem Papier des Innenministeriums. Durch verbesserte Arbeitsabläufe mehr Schlagkraft gewinnen - so lautet die Devise. Seit 1990 ist die Zahl der Straftaten um fast 80 000 auf 280 000 und damit um rund 40 Prozent gestiegen. Gleichzeitig ging die Einsatzstärke der Polizei seit 1996 von 9500 auf weniger als 9000 zurück. Für die Polizeigewerkschaften, die den Überlegungen des Ministeriums nicht grundsätzlich ablehnend gegenüberstehen, ist indes klar: Die Personalmisere bei den Ordnungshütern lässt sich nicht durch Umorganisation lösen, sagt Wolfgang Faber, stellvertretender Landesvorsitzender der Deutschen Polizei Gewerkschaft (DPolG). Auch sein GdP-(Gewerkschaft der Polizei)-Kollege Bernd Becker meint, dass mit gleichem Personal nicht mehr geleistet werden kann. Es fehlten 500 Polizisten im Schichtdienst und 500 im operativen Einsatz, sagt Becker.In den Polizeipräsidien sieht man die Pläne des Innenministeriums ebenfalls zurückhaltend. Dessen Ziel, zunehmend Fälle von den Kriminal-Inspektionen (KI) auf die Polizei-Inspektionen (PI) zu verlagern und dort dann 80 Prozent der Strafverfolgung bearbeiten zu lassen, findet Zustimmung, weil es in vielen Fällen bereits der Realität entspricht. In reinen Schutzpolizei-Inspektionen größerer Städte, die bisher eine Quote von 60 Prozent erreichen und eine starke Einsatzbelastung haben, ist nach Meinung der Polizeipräsidenten mehr Kripo-Arbeit nur möglich, wenn gleichzeitig Personal der KI mit verlagert wird. Damit stünden die Kriminalpolizisten aber nicht wie geplant für den verstärkten Einsatz in Bekämpfungsschwerpunkten oder in der Fahndung zur Verfügung."Bürger-Polizisten" längst im Alltag angekommen

Auch die Überlegungen, Beamte des Bezirksdienstes verstärkt in Ermittlungen einzubeziehen, haben einen Haken. Die als Bürger-Polizisten gedachten Ansprechpartner sind bereits weit mehr als ursprünglich geplant im Polizeialltag verplant. Personalreserven erhofft das Ministerium zudem durch mehr Flexibilität im Schichtdienst der Kripo zu bekommen, also, wenn weniger Personal in ruhigeren Nacht- und Feiertagsdiensten eingesetzt wird.Um künftig verstärkt am Täter orientiert und nicht so sehr nach Delikten aufgegliedert zu arbeiten, soll die Kripo neu strukturiert werden. Folge wäre eine deutlich geringere Zahl von dann größeren Kommissariaten. Seit einigen Wochen beschäftigen sich verschiedene Arbeitsgruppen mit den Plänen des Ministeriums. Den Sinn einer Umorganisation sieht GdP-Mann Becker vor allem darin, die Strukturen der alltäglichen Polizeipraxis anzupassen und sich nicht auf die vergebliche Suche nach Personalreserven zu machen. Über ein neues Personalkonzept will Minister Walter Zuber dem Landtag im Oktober berichten.

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