Föderales Hick-Hack sorgt für Ärger

TRIER. Die Lebensmittelüberwachung in Deutschland ist uneinheitlich. In Rheinland-Pfalz sind Kreise und kreisfreie Städte dafür zuständig. Doch nichtalle Kontrolleure haben auch die gleichen Aufgaben.

Eine bundesweite Statistik brachte es an den Tag: Rheinland-Pfalz liegt an letzter Stelle bei den Lebensmittelkontrollen. "Nüchtern betrachtet richtig. Aber man muss die Zahlen hinterfragen", warnt Karl-Heinz Leibig, Vorsitzender des Landesverbands der Lebensmittelkontrolleure vor Panik. "Wir leisten genauso viel wie die Kollegen in anderen Bundesländern. Nur ist bei uns das Verhältnis der Lebensmittelkontrolleure und der zu kontrollierenden Betriebe sehr viel schlechter." Auf einen Kontrolleur kommen rein statistisch 706 Betriebe, aber nur maximal 400 kann er pro Jahr überhaupt überwachen. Immerhin liege das Land im Verhältnis Lebensmittelkontrolleure und Einwohner bundesweit auf Platz acht. Auf 32 000 Bürger kommt ein Lebensmittelkontrolleur. Doch Leibig kommt es nicht auf Zahlenspielereien an. Ihm geht es um den Verbraucherschutz. Und der könne nicht mehr garantiert werden, wenn das Land den Kreisen und kreisfreien Städten nicht genügend Mittel für die Lebensmittelüberwachung zur Verfügung stelle. In Niedersachsen sind dies drei Euro pro Einwohner. In Rheinland-Pfalz gibt es darüber keine Aufschlüsselung. Doch selbst wenn es in einer Kommune zumindest zahlenmäßig genug Lebensmittelkontrolleure gebe, bedeute das nicht automatisch, dass damit auch die Überwachung optimal sei, kritisiert Leibig. Denn das was von den Kontrolleuren verlangt werde, sei von Kreis zu Kreis unterschiedlich. So seien bei den Stadtverwaltungen die meisten Lebensmittelkontrolleure auch noch Vollzugsbeamte: "Die müssen einen Wirtschaftsgarten vermessen und psychisch Kranke unterbringen", sagt Leibig. Eigentlich ist Lebensmittelkontrolle in Deutschland Ländersache. Doch in Rheinland-Pfalz wurde, wie in anderen Bundesländern, diese Aufgabe den Kreisen und kreisfreien Städten übertragen. Eine bundeseinheitliche Regel gibt es noch immer nicht. Im Juni wurde eine entsprechende Beschlussvorlage für den Bundesrat wieder von der Tagesordnung genommen. Die EU-Kommission kritisiert schon länger dieses föderale Hick-Hack. Bislang ohne Erfolg. Im Ernstfall sind sechs Instanzen mit der Lebensmittelkontrolle beschäftigt. Die zuständige Kommune lässt eine Probe vom Landesuntersuchungsamt kontrollieren, bei schweren Verstößen muss die Kommune dann das Land informieren. Falls andere Bundesländer betroffen sind, müssen auch diese sowie das Bundesverbraucherschutzministerium informiert werden. Von dort geht dann in besonders gravierenden Fällen eine Meldung an die EU nach Brüssel. Kein Wunder also, dass immer wieder Forderungen laut werden, die Lebensmittelüberwachung zu privatisieren - vor allem von privaten Laboren. Dagegen wehren sich aber logischerweise die Lebensmittelkontrolleure. Sie verweisen auf ihre Erfolge. Und die sind trotz der aus ihrer Sicht schlechten Rahmenbedingungen gar nicht so schlecht. Immerhin geht trotz fehlender Kontrolleure die Zahl der Salmonellen-Erkrankungen seit drei Jahren kontinuierlich zurück. "Es gibt nicht mehr Fälle, die Verbraucher sind nur sensibler geworden", glaubt Leibig. "Wir machen eben einen guten Job."

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