Freispruch erster Klasse für Richter

TRIER. In der "Geiselgangster-Affäre" sind dem Vorsitzenden Richter der Dritten Großen Trierer Strafkammer, Jörn Schlottmann, keinerlei Vorwürfe zu machen. Das teilte dessen Anwalt Anton Jakobs unter Verweis auf eine Entscheidung des Koblenzer Oberlandesgerichtspräsidenten mit.

Die Trierer Geiselgangster-Affäre sorgte vor zwei Jahren bundesweit für Aufsehen: Fünf Männer aus dem Raum Karlsruhe/Hockenheim hatten im Juni 2002 in Trier-Süd ein Ehepaar als Geiseln genommen und zu erpressen versucht. Die Sache ging schief, die Täter wurden wegen ihres dilettantischen Vorgehens rasch ermittelt und hinter schwedische Gardinen gesteckt. Weil die Dritte Große Strafkammer des Trierer Landgerichts es anschließend allerdings versäumte, rechtzeitig das Hauptverfahren zu eröffnen, ordnete das Koblenzer Oberlandesgericht die Freilassung der Gangster an - vor Prozessbeginn und trotz angeblich bestehender Fluchtgefahr. Das Trierer Gericht geriet in die Negativ-Schlagzeilen, der Mainzer Justizminister Herbert Mertin in Erklärungsnöte. Immerhin: Die Freigelassenen erschienen zum Prozess, eine andere Landgerichtskammer verurteilte sie zu Gefängnisstrafen. Ein Nachspiel hatte die Geiselgangster-Affäre auch für die zuständigen Richter der Dritten Großen Strafkammer. Triers Landgerichtspräsident Wolfgang Krämer leitete gegen beide ein Disziplinarverfahren ein. Das Ergebnis verkündete Krämers Sprecher Armin Hardt: Die Disziplinarverfahren werden eingestellt, Sanktionen gegen die beiden Juristen "sind nicht angezeigt" ( TV vom 7. Juni 2003). Kleiner Seitenhieb auf die Richter: Trotz allem seien "die Verzögerungen in der Bearbeitung des Strafverfahrens (…) nicht zu entschuldigen". Während die betroffene Juristin mit dieser Entscheidung offenbar leben konnte, ging ihr Kollege Jörn Schlottmann dagegen vor. Wie erst jetzt bekannt wurde, legte der Vorsitzende Richter Widerspruch ein beim OLG Koblenz. Und er bekam Recht. OLG-Präsident Heinz Georg Bamberger hob jüngst die Einstellungsverfügung des Trierer Landgerichtspräsidenten Krämer auf, wie Schlottmanns Anwalt Anton Jakobs dem TV mitteilte. Damit stehe fest, dass alle gegen den Juristen erhobenen Vorwürfe unberechtigt gewesen seien. Landgerichtssprecher Hardt wollte sich am Freitag auf TV -Anfrage nicht zu der OLG-Entscheidung äußern: "Das sind innerdienstliche Angelegenheiten. Für uns ist der Fall längst abgeschlossen."Deftige Angriffe

Für Jörn Schlottmann offenbar nicht. In einem Schreiben an unsere Zeitung wirft sein Anwalt Anton Jakobs dem TV vor, in der so genannten Geiselgangster-Affäre "augenscheinlich darauf fixiert" zu sein, "ein Verschulden bei der Richterschaft zu suchen". Weiter heißt es: "Andere Möglichkeiten, etwa ein Organisationsverschulden des Landgerichts" oder eine gezielte Information "aus dem Justizministerium (…), um von einer politischen Verantwortung des Ministers abzulenken", würden nicht verfolgt. Diese deftigen indirektenAttacken von Schlottmanns Anwalt dürften wohl weder das Mainzer Justizministerium noch der Trierer Landgerichtspräsident unwidersprochen hinnehmen.

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