Füttern verboten

MAINZ. Im Forst wird scharf geschossen: Das Wild frisst den Wald auf, warnen Waldbesitzer und Förster und wollen Futterstellen möglichst generell verbannen. Die Jäger halten dagegen, verweisen auf steigende Abschusszahlen und sehen sich zu Unrecht am Pranger.

Sprunghaft angestiegene Wildschweinbestände und wachsende Rotwild-Rudel trotz steigender Abschusszahlen: Angesichts zunehmener Wilddichte, die dem Wald zusetzt, will Forstministerin Margit Conrad über eine Änderung des Landesjagdgesetzes einer ausufernden Fütterungspraxis der Waidmänner trotz heftigen Protests des Jagdverbandes ein Ende bereiten. Von Massentierhaltung und regelrechten "Mastbetrieben" im Wald spricht Franz Straubinger, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Naturnaher Waldbau und im Hauptberuf Forstdirektor in Diensten des landesweit größten Privatwaldbesitzers. Der Fütterungsmissbrauch, nicht zuletzt durch Kraftfutter und Aufbaustoffe, führe trotz steigender Abschüsse zu einer "Wildschwemme". Folgen seien Überweidung und Artenverarmung, so Straubinger. Ginge es nach ihm, würde die Fütterung von Wildtieren ganz verboten.Landesjagdverband kontra Naturschützer

Die Neufassung des Jagdgesetzes, die nächste Woche vom Landtag beraten wird, sieht zwar vom Grundsatz her ein generelles Verbot von Füttern und Kirren (Anlocken des Wildes mit Futter) vor. Doch soll es eng gefasste Ausnahmen geben, die das Ministerium in eigener Regie per Verordnung regeln kann. Geplant ist momentan, dass Fütterungen lediglich bei extremer Witterung und mit Erlaubnis der Jagdbehörde zulässig sind. Auch das Kirren von Schwarzwild muss genehmigt werden. In Jagdbezirken bis 150 Hektar sind allerdings nur noch zwei Stellen zum Anlocken erlaubt. Je angefangenen weiteren 150 Hektar Revierfläche ist nur noch eine Kirrstelle erlaubt. Die Standorte müssen in Karten eingetragen und der Jagdbehörde vorgelegt werden, um die spätere Kontrolle zu ermöglichen. Mit strikteren Richtlinien fürs Kirren könnte sich der Landesjagdverband nach Angaben seines Geschäftsführers Erhard Bäder noch anfreunden. Es gebe Freiräume, die von einigen zur Fütterung missbraucht würden, gesteht er zu. Doch die geplanten strikten Vorgaben betrachtet die Interessenvertretung von rund 17 000 Jägern als Schikane. Sie drohen nach seiner Meinung von Bürokratie erschlagen zu werden. Zudem führt nach seiner Überzeugung vor allem die Fütterung von Rotwild nicht zu "Überbevölkerung" im Wald, sondern verhindert als Ablenkungsfütterung gerade die Wildschäden durch Verbiss. Die Verlustberechnung von bis zu 200 Euro bei Schälschäden hat Jäger-Verbandspräsident Kurt-Alexander Michael bereits im vergangenen Jahr als "deutlich übertrieben und nicht haltbar" zurückgewiesen. Siegried Schuch, Vorsitzender des Naturschutzbundes Nabu und Mitglied im Landesjagdbeirat, stellt dagegen fest: "Wo nicht gefüttert wird, sind die Wildschäden am geringsten." Die Bestände werden nach seiner Meinung durch die Eingriffe erhöht, um auch mehr schießen zu können. Der Ökologische Jagdverband kann keine stichhaltigen Gründe für das Füttern erkennen. Wer Wild füttere, wolle es nur in seinem Revier halten, sagt ÖJV-Landesvorsitzender Thomas Boschen. Auch beim Kirren werde tonnenweise Mais ausgebracht, ohne dass die Abschusszahlen beim Schwarzwild in einem vernünftigen Verhältnis dazu stünden. Mehr als 66 000 Abschüssen zum Trotz sei man noch weit von der Zielzahl zwei Stücke Schwarzwild pro 100 Hektar entfernt. Allerdings machten Kirr-Vorgaben nur mit genauem Kartennachweis Sinn, sagt Boschen, sonst bleibe die Verordnung "ein zahnloser Tiger".

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