Gefahr noch nicht gebannt

Offenbar ist die Ausbreitung des gefährlichen Darmkeims Clostridium difficile vorerst gestoppt. Seit sechs Wochen gibt es in Trier keine neuen Fälle mehr.

Trier. Harald Michels wirkt erleichtert. Seit sechs Wochen gebe es keine neue Fälle von schweren Clostridien-Infektionen, verkündet der Leiter des Trierer Gesundheitsamtes. Im April war erstmals in Deutschland in einem Trierer Krankenhaus die gefährliche 027-Variante des Darmkeims Clostridium difficile nachgewiesen worden. Bei 19 Patienten in Trier konnte seitdem der gefährliche Keim nachgewiesen werden. Sie mussten zum Teil wochenlang in Einzelzimmern in Krankenhäusern wegen schweren Durchfalls und Darmerkrankungen behandelt werden. Das Ansteckungsrisiko ist hoch. Daher wurde auch bei Klinikpersonal und Verwandten vereinzelt die gefährliche Variante nachgewiesen. Sterberate: 19 Prozent

Bei 28 ehemaligen Patienten steht bislang noch nicht fest, ob sie tatsächlich an der schweren Variante erkrankt sind. Der Verlauf der Infektion deute aber darauf hin, sagt Michels. Ein Nachweis kann aber bei diesen zurückliegenden Fällen nicht mehr erbracht werden. Neun Patienten sind an der Darminfektion in Trier gestorben. Zuletzt starb im Oktober eine Frau. Diese Anzahl von Fällen entspreche einer Sterberate von 19 Prozent, sagt Michels. Das sei normal für die 027-er-Variante. Wie es außerhalb von Trier und Trier-Saarburg aussieht, ist derzeit nur schwer zu sagen. Noch immer tun sich offenbar viele Ärzte schwer damit, Verdachtsfälle zu melden - obwohl es seit einigen Wochen eine Meldepflicht für Clostridium difficile gibt. Es brauche seine Zeit, bis sich das eingespielt habe, sagt der Infektionsexperte Niels Kleinkauf vom für Gesundheitsfragen zuständigen Robert-Koch-Institut (RKI). Offenbar scheuen sich auch einige Gesundheitsämter, die Kosten für die Untersuchung der Stuhlproben betroffener Patienten aufzubringen. Immerhin kostet eine solche Typisierung bis zu 300 Euro. Kleinkauf und seine zwei Kollegen sind bereits im Oktober in Trier gewesen und haben über 1000 Akten von Patienten durchgeschaut, bei denen Symptome einer Clostridien-Infektion aufgetreten sind. Aufgrund der Erkenntnisse aus Trier hat das RKI vor einer bundesweiten Ausweitung der gefährlichen Variante gewarnt und neue Leitlinien zur Antibiotika-Behandlung in Krankenhäusern (fast alle durch Clostridium difficile erkrankten Patienten wurden vorher mit Antibiotikum behandelt) herausgegeben. Vor einigen Wochen waren aus Nordrhein-Westfalen Clostridium-Erkrankungen gemeldet worden. Auch im Raum Stuttgart sei die gefährliche Variante bei zwei Patienten nachgewiesen worden, sagt der RKI-Experte. Das RKI hat nach den Trierer Fällen die Seuchenexperten der Bundesländer informiert. Diese haben dann Rundschreiben an Kliniken und Ärzte geschickt. "Die Mediziner sind sensibilisiert", sagt Kleinkauf. Die Hygienestandards in den Krankenhäusern wurden erhöht. Trotzdem hält Andreas Jansen vom RKI die Gefahr noch nicht für gebannt: "Wir werden noch in den nächsten Jahren mit dem Problem Clostridium difficile leben müssen."Extra Clostridium difficile ist ein Darmkeim, den fünf bis zehn Prozent aller Menschen in sich tragen. Durch eine Antibiotika-Behandlung kann die natürliche Darmflora zerstört werden und dadurch der Keim sich ungehindert vermehren. Es können gefährliche Darmerkrankungen entstehen. Vor allem die schwere Variante 027 kann zu tödlichen Verläufen führen. Weitere Infos im internet unter www.rki.de. (wie)

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