Gegen die Menschenwürde

TRIER. In den Fall des Elfjährigen aus dem Kreis Trier-Saarburg, der sich trotz eines Gerichtsbeschlusses weigert, zu seiner Mutter nach Belgien zu gehen, hat sich nun der Kinderschutzbund eingeschaltet. Er sieht die Menschenwürde des Jungen verletzt.

Darf ein Gericht Gewalt gegen ein Kind anordnen? Im Mai hatten die Koblenzer Richter entschieden: Der Junge, der seit September bei seinem Vater lebt und sich seitdem weigert, zu seiner vom Vater geschiedenen Mutter nach Belgien zurück zu gehen, darf notfalls per Gewalt zurückgebracht werden (der TV berichtete). Zuvor waren zwei Vollstreckungsversuche durch einen Gerichtsvollzieher gescheitert. Das zuständige Jugendamt des Kreises Trier-Saarburg intervenierte gegen diesen Beschluss. Trotzdem kam es nun erneut zu einem Vollstreckungsversuch und zwar in der Realschule, die der Junge besucht. Der Gerichtsvollzieher versuchte zusammen mit der Mutter, deren Tochter und einem Mitarbeiter des Jugendamtes, den Jungen in einem Besprechungsraum der Schule davon zu überzeugen, mit der Mutter mitzugehen, was aber wohl scheiterte. Das Gericht begründet die Zulassung von Gewalt damit, dass die beiden vorherigen Vollstreckungsversuche erfolglos geblieben seien. Nach dem von 75 Staaten, darunter auch Deutschland, unterzeichneten Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ), sei das Gericht verpflichtet, den Jungen so schnell wie möglich zu seiner Mutter zurückzuführen. Diese habe das Aufenthaltsrecht. Nun hat sich der Kinderschutzbund Kreisverband Trier-Saarburg eingeschaltet. Es dürfe nicht sein, "dass ein Kind von einem Gerichtsvollzieher... unter Anwendung von Gewalt beschlagnahmt wird", heißt in einer Stellungnahme. Dadurch würde die Menschenwürde des Jungen missachtet. Eine Herausnahme eines Kindes aus seinem momentanen Lebensumfeld gegen seinen erklärten Willen sei nur bei einer akuten Gefährdung des Kindeswohls vorstellbar. Der Kinderschutzbund beziehe dabei Position für die Rechte des Kindes, ohne Partei für eine der Elternseiten zu ergreifen, so Vorstandsmitglied Elke Boné-Leis. Da sich der Junge in einem Spannungsfeld zwischen den zerstrittenen Elternteilen befinde, sei eine psychische Belastung des Schülers zu befürchten.

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