Gehen die Handwerker am Ring leer aus? - Zwischen Insolvenzverwaltern und Landesregierung droht ein Rechtsstreit

Nürburg · Werden die kleinen Handwerker am Nürburgring ausgerechnet unter einer sozialdemokratisch dominierten Landesregierung um ihr Geld gebracht? Hinter den Kulissen zeichnet sich ein Streit um die Insolvenzmasse ab, also jener Vermögenswerte, die nach der Pleite an der Rennstrecke noch übrig geblieben sind.

Nürburg. Am Nürburgring könnte es nach Informationen der Rhein-Zeitung zu einem Rechtsstreit zwischen den Insolvenzverwaltern und der Landesregierung kommen. Strittig ist, welche Forderungen im Insolvenzverfahren vorrangig bedient werden müssen. Die Ansprüche des Landes oder die der übrigen Gläubiger?
CDU-Fraktionsvize Alexander Licht, der mit parlamentarischen Anfragen nachhakt, beobachtet die Entwicklung mit Sorge. Mit Blick auf die SPD meinte er am Montag: "Großspurige Versprechungen werden offenbar so nicht eingehalten. Das ist typisch für die sozialdemokratische Politik im Land." Nicht nur den Christdemokraten würde es wundern, wenn die SPD jetzt die kleinen Leute schröpfen würde. Der frühere Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hatte stets betont, dass die Handwerker mit ihren offenen Rechnungen keinesfalls unter der Ring-Pleite leiden sollen.

Beispielsweise am 1. August 2012 hatte Beck im Landtag erklärt: "Ich will im Übrigen auch sagen, meine Kolleginnen und Kollegen können Ihnen bestätigen, bei all den Beratungen mit den Rechtsanwälten und den Diskussionen war meine erste Frage, was das für die Handwerker und die Dienstleister bedeutet, die noch Rechnungen ausstehen haben, was es für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedeutet." Und nachdem die CDU ein paar bedeutungsschwere "Ahs" dazwischenrief, meinte der damalige Ministerpräsident weiter: "Es mag Ihnen fremd sein, dass man so etwas fragt. Erst als klar war, es wird von denen niemand Schaden nehmen, haben wir diesen Weg gewählt, meine Damen und Herren."

Doch heute sieht die Lage anders aus. Das Land hat inzwischen die astronomische Summe 613 Millionen Euro in der Insolvenztabelle angemeldet. Erhalten hat der Hauptgläubiger indes noch keinen Cent - ebenso wie die Handwerker, die auf ihren Rechnungen sitzen. Das Insolvenzrecht ließ bislang nur Zahlungen für laufende Kosten und die Überweisung von rund 1,2 Millionen Euro an die Eifel-Gemeinden Müllenbach und Nürburg zu. Auf dem Rest haben die Insolvenzverwalter den Daumen drauf.Eine Frage des Ranges


Die entscheidende Frage: Sind die millionenschweren Forderungen des Hauptgläubigers, also des Landes, gleichrangig oder nachrangig? Werden sie als gleichrangig betrachtet, wird ganz normal prozentual verteilt. Die Handwerker mit ihren vergleichsweise geringen offenen Positionen gingen quasi leer aus. Betrachtet man die Ansprüche des Landes als nachrangig, werden alle anderen Gläubiger zuerst bedient. Handwerker und andere Dienstleister würden ihre insgesamt rund 20 Millionen Euro erhalten, der Rest ginge ans Land und damit an den Steuerzahler.

Das wären nach dieser Rechnung nur noch um die 30 Millionen Euro, da insgesamt nur maximal 50 Millionen Euro nach Abschluss des Verfahrens zu verteilen sind. Letztere Summe bleibt von den 77 Millionen Euro, die beim Ring-Verkauf erzielt wurden - nach Abzug aller Honorare und Kosten - übrig.

Die Insolvenzverwalter betrachten das Land in wesentlichen Bereichen als nachrangigen Gläubiger, wie aus Unterlagen hervorgeht. Die Landesregierung sieht ihre Ansprüche indes als gleichrangig an und stützt sich auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH). In der Staatskanzlei hat man offenbar Angst, einen EU-relevanten Formfehler zu machen und bleibt daher hart. Neuen Ärger mit Brüssel möchte niemand riskieren.

Der finanzielle Schaden einer Regelung pro Handwerker würde sich für das Land vermutlich in Grenzen halten. Denn die im Raum stehenden 20 Millionen Euro werden von den Insolvenzverwaltern wohl kaum komplett anerkannt werden. Um ihr Geld geprellte Handwerker hingegen dürften neuen Ring-Knatsch für Rot-Grün bedeuten.

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