"Gemein, hinterhältig, mies"

BITBURG. Der Bad Kreuznacher Kommunalpolitiker Franz Enders hat vor vier Jahren seine damals elfjährige Enkelin sexuell berührt. Das Bitburger Schöffengericht verurteilte ihn zu einer zehnmonatigen Haftstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe von 6000 Euro.

Franz Enders nimmt ohne äußerliche Regung den Urteilsspruch entgegen. Seine Frau hält sich die Hände vors Gesicht, weint. Er ist bleich, wirkt mitgenommen. Zwei Stunden zuvor hat er noch einmal seine Unschuld beteuert: "Ich bin unschuldig, das schwöre ich bei Gott und allem, was mir heilig ist." Richter Werner von Schichau zeigt sich unbeeindruckt. Er ist überzeugt, dass der 69-Jährige fast auf den Tag genau vor vier Jahren seine damals elfjährige Enkelin beim Geburtstag ihres Bruders in der Eifel sexuell berührt hat. Er wirft ihm "gemeines, hinterhältiges, mieses" Verhalten vor. Von Schichau, bekannt für seine deutlichen Urteilssprüche, ist verärgert, dass vor Gericht ein Familienstreit übelster Sorte ausgetragen worden ist. Der eigentliche, "unzweifelhafte" Fall sei dadurch oft in den Hintergrund gedrängt worden. Die heute 15-jährige Enkelin des Kommunalpolitikers sei zwar während des Prozesses von ihrem Vater ("ein aufgeblasener Wichtigtuer") instrumentalisiert worden, um den verhassten Schwiegervater fertig zu machen, doch seien die Vorwürfe gegen den Opa absolut glaubwürdig, was auch ein Glaubwürdigkeitsgutachten gezeigt habe. Gleichzeitig habe Enders versucht, seine Enkelin durch den Dreck zu ziehen. "Den eigentlichen Schaden hat das Opfer durch die Ignoranz der Eltern und Großeltern genommen", schreibt von Schichau den verfeindeten Familienteilen ins Stammbuch. Enders-Anwalt Christoph Jahrsdörfer beschäftigt sich in seinem 45-minütigen, rhetorisch überzeugenden Plädoyer gar nicht mit der Tat, sondern legt Widersprüche offen. Es gebe auch beim Tatvorwurf "erlaubte Zweifel", und Enders müsse freigesprochen werden. Staatsanwalt Parent, der vor Weihnachten Enders noch im Gerichtssaal verhaften lassen wollte, weil er angeblich Beweise manipuliert hat, findet es beschämend, dass der bis dahin unbescholtene Bundesverdienstkreuz-Träger und bei den Enkeln beliebte Opa das Mädchen als Lügnerin bezeichnet habe: "Das ist das Schlimmste, was er dem Kind antun konnte." 18 Monate plus 8000 Euro Geldstrafe fordert er. Später zeigt er sich jedoch zufrieden mit dem Urteil. Genau wie Jahrsdörfer ("Ich habe mit einem solchen Strafmaß gerechnet.") lässt er offen, ob er Rechtsmittel einlegen wird.

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