Geübte Helfer in Not und Einsamkeit

TRIER. Jungen Menschen aktiv zuhören, auf sie eingehen, ihnen in problematischen Situationen helfen – alles nur per Telefon. Die Gespräche am Kinder- und Jugendtelefon im Kinderschutzbund (KSB) können mitunter sehr heikle Themen zum Inhalt haben. Zur Bewältigung ihrer Aufgabe durchlaufen die Telefonberater eine halbjährliche Ausbildung.

Eine Teekanne auf dem Teppichboden, darum 15 Henkeltassen gruppiert. Ebenfalls im Kreis außen herum sitzen die Ausbilderin, zwölf Frauen und zwei Männer. Es ist das achte Treffen der Gruppe, die sich als Telefonberater im Kinder- und Jugendtelefon (KJT) ausbilden lässt.Es geht recht beengt zu

Die Stimmung ist locker, man duzt sich, es wird viel gelacht. Rollenspiele stehen auf dem Programm. Überwiegend junge Studentinnen gehören zum Teilnehmerkreis, angehende Pädagoginnen oder Psychologinnen. Eine ungewöhnlich homogene Gruppe, bestätigt Diplom-Pädagogin Claudia Berlinger, die die zukünftigen Berater und Beraterinnen ausbildet: "Normalerweise sind die Gruppen mehr durchmischt, von Hausfrauen, Lehrerinnen, Bankkauffrauen, Arzthelferinnen bis zum Bauarbeiter ist alles dabei." Recht beengt geht es zu, die Atmosphäre für eine richtig intensive Gruppenarbeit ist nicht optimal. Die Räume, in denen die Berater ihre Ausbildung durchlaufen, sind voll gestellt mit Material aus anderen Bereichen der KSB-Arbeit. "Ein fotografisches Gedächnis" habe sie sich mittlerweile angeeignet, um nach dem Ausbildungsabend alles wieder an seinen Platz zurückzustellen, sagt die 34-Jährige. Wichtig, um zu vermeiden, dass ohnehin belastete Kinder aus Beratungsgruppen Grenzverletzungen erleben, wenn sie ihre Dinge nicht am gewohnten Platz wiederfinden. Jeder der Teilnehmer übernimmt in Kleingruppen einen bestimmten Part als Anrufer, Berater und Beobachter. Nur den "Anrufern" erzählt Berlinger in einem abgetrennten Raum, welches Problem in dem Telefonat simuliert werden soll. Ein "Frauenthema" hat sie diesmal gewählt: Ein Mädchen hat seine erste Regel bekommen und ist hilflos. Sie sei erleichtert gewesen, mit einem praxisnahen Thema und nicht mit so heiklen Sachen wie Kindesmissbrauch oder Suizidgedanken konfrontiert worden zu sein, meint eine Studentin später. Denn auch mit diesen und viel mehr Problemen, aber auch Scherzanrufen müssen sich die Teilnehmer in der Ausbildung auseinander setzen, um später am Telefon ihren Job zu machen. Der emotionale Schutz der ehrenamtlichen Berater ist Berlinger genauso wichtig wie das Vermitteln einer richtigen Gesprächsführung, etwa durch aktives Zuhören und das Heraushalten eigener Werte. Rücken an Rücken simulieren Anrufer und Berater das Gespräch: Die Anruferin greift geschickt jugendliche Sprachmuster auf, während die Beraterin konzentriert praktische Tipps gibt. "Gut gemacht", bewerten die Beobachterinnen später den Inhalt.

Es fehlt an geeigneten Räumen

Die Arbeit als Telefonberaterin sei förderlich für das Studium, um Praxiserfahrungen zu erlangen, sagen ein paar Studentinnen. Und: "Es tut gut, wenn man helfen kann." Allerdings - daran lassen sie keinen Zweifel - wäre die Ausbildung in geeigneten Räumen einfacher. Die Ausbildung am Kinder- und Jugendtelefon (KJT) umfasst nach einem Auswahlverfahren 80 Zeitstunden (einmal wöchentliches Treffen, drei Samstage und ein Wochenende). Die Teilnehmer verpflichten sich, nach der Ausbildung zwei Jahre lang zwei Stunden pro Woche Beratungsdienst zu leisten und an monatlichen Supervisionen teilzunehmen. Sie unterliegen der Schweigepflicht. Der KSB Orts- und Kreisverband Trier bildet jährlich rund 14 Mitarbeiter aus. Kosten der Ausbildung: 8500 Euro. Seit 1989 wurden 220 Berater ausgebildet. Neue Interessenten sind willkommen.

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