Gleichberechtigung messbar machen

VIANDEN. Die Agrarhaushalte in der EU gehören auf den Prüfstand. Diese Forderung ist ein Ergebnis der Gaytaler Gespräche, die zum siebten Mal in Körperich und Vianden stattfanden.

"Die Agrarhaushalte müssen darauf hin überprüft werden, welches Geschlecht von den jeweiligen Investitionen profitiert", fordert Parto Teherani-Krönner von der landwirtschaftlich-gärtnerischen Fakultät an der Humboldt-Universität zu Berlin, bei den siebten Gaytaler Gesprächen. Die analytische Betrachtung der Haushalte unter dem Stichwort Gender Budgeting (siehe Hintergrund) sei notwendig, damit die inzwischen populären Forderungen nach Gleichbehandlung und Gleichberechtigung keine Lippenbekenntnisse bleiben. Die Wissenschaftlerin ist überzeugt, dass alle Frauenpolitik umsonst ist, wenn es dafür kein Budget gibt. Dabei zerstöre die von der EU geförderte Landwirtschaft mit ihren Dumpingpreisen auf dem Weltmarkt die Nahrungsgrundlagen der ärmeren Länder. Und von dieser Misere seien vorrangig Frauen betroffen. Doch auf EU-Ebene trifft Teherani-Krönner angesichts "dringenderer Probleme" nur auf taube Ohren. Nicht so bei den Gaytaler Gesprächen. Die Versammelten haben als Ergebnis der deutsch-belgisch-luxemburgischen Veranstaltung eine Resolution unterschrieben, in der sie fordern, dass "alle Haushalte nach Kriterien der Gleichstellung und Nachhaltigkeit zu analysieren und zu gewichten" sind. Diese Erklärung senden die Veranstalter der Gaytaler Gespräche - die Landeszentrale für Umweltaufklärung Rheinland-Pfalz und Vertreter des Gaytal-Parks - an Landes- und Bundesministerien sowie die EU. Auch der ehemalige Neuerburger Bürgermeister Günter Keßler, einer der wenigen Männer bei den Gaytaler Gesprächen, sieht die Überprüfung der Haushalte unter dem Aspekt der Geschlechter als wichtige Zukunftsaufgabe auch der Kommunen. "Erst wenn schwarz auf weiß deutlich wird, wieviele Investitionen Männern und wieviele Frauen zugute kommen, hat man eine konkrete Größe, an der sich Gleichberechtigung messen lässt", erläutert Teherani-Krönner den Ansatz des Gender Budgetings. Als Beispiel, bei dem dieser Ansatz funktioniert hat, verweist sie auf die Umweltbewegung. "Als die Quote des Kohlendioxid-Ausstoßes feststand, gab es eine Größe, an der Umweltschutz messbar und regulierbar wurde." Doch bis zur Durchdringung des Geschlechter-Gedankens in alle Politikbereiche (Gender Mainstreaming, siehe Hintergrund) ist es noch ein weiter Weg. "Wenn man die Gender-Brille aufsetzt und Benachteiligung erkennt, dann ist es völlig klar, dass Förderprogramme als Pflichtaufgabe notwendig sind", sagt Maddy Mulheims vom luxemburgischen Ministère de la Promotion Féminine. "Dazu muss in Luxemburg zunächst die Verfassung geändert werden."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort