"Großen Stein ins Rollen gebracht"

HILLESHEIM. Heike Bohn (35) ist die erste Frau in der Region Trier, die hauptamtliche Bürgermeisterin wird. Die parteilose Unternehmerin setzte sich sensationell in der seit 50 Jahren CDU-dominierten Verbandsgemeinde Hillesheim durch. Der TV besuchte sie nach ihrem Coup in ihrer Firma, wo sie noch bis Jahresende arbeiten wird.

 Platztausch: Noch bis Jahresende wird Heike Bohn in der eigenen Firma im Existenzgründerzentrum in Wiesbaum arbeiten, ab 1. Januar 2004 wird sie auf dem Chefsessel im Hillesheimer Rathaus Platz nehmen.Foto: Mario Hübner

Platztausch: Noch bis Jahresende wird Heike Bohn in der eigenen Firma im Existenzgründerzentrum in Wiesbaum arbeiten, ab 1. Januar 2004 wird sie auf dem Chefsessel im Hillesheimer Rathaus Platz nehmen.Foto: Mario Hübner

Wahlaufkleber zieren die beiden Autos der Familie Bohn. In den Büros von Heike und Kai Bohn im Existenzgründerzentrum in Wiesbaum lächelt den Besucher das Konterfei der Kandidatin an, stapeln sich Kisten mit Wahlwerbung. Und auch im Gesicht der Siegerin hinterlässt der Wahlkampf noch immer Spuren. Der Preis des Erfolgs. Nein, so richtig aus dem Traum erwacht sei sie noch nicht. Selbst wenn sie über den Wahlausgang in der Zeitung lese, denke sie noch oft: "Da geht es nicht um mich", sagt Heike Bohn. Wenn aber wieder einer der "vielen lieben Briefe, der netten E-Mails eingeht, ein weiterer Blumenstrauß geschickt wird, dann fühlt es sich langsam etwas realistischer an", zeigt sich die 35-Jährige regelrecht gerührt über die Freude, die zahlreiche Menschen mit ihr teilen. "Ich habe das Gefühl, wir haben einen großen Stein ins Rollen gebracht", sagt Bohn, die ab 1. Januar 2004 für acht Jahre Hillesheimer Rathauschefin sein wird. Sie hatte vor allem damit geworben, die Bürger stärker in die Entscheidungsprozesse einbinden zu wollen. Wie sie sich auf ihren neuen Job vorbereiten wird, wie sie den Posten ausgestalten will, darüber wird sie sich frühestens in den nächsten Wochen detailliert Gedanken machen. Auch darüber, wie sie angesichts der CDU-Mehrheit im Verbandsgemeinderat und in den Ortsgemeinden ihre Vorstellungen realisieren will. "Ich werde das Gespräch suchen", sagt die gebürtige Eifelerin und attestiert sich - auf Nachfrage - diplomatisches Geschick. "Wie sollte ich ansonsten mit den Kunden klar kommen, wie einen 60-jährigen Abteilungsleiter von meinen Ideen überzeugen?" Erste Priorität genieße aber die Firma. "Ich bin mental noch in meinem alten Leben und habe hier meine Aufgaben zu erledigen, schließlich müssen wir von irgendetwas leben", sagt die Diplom-Kauffrau. Mit ihrem Mann hat sie sich in Wiesbaum eine Firma für Werbung und Kommunikation sowie technische Dokumentation aufgebaut. Vor vier Jahren gewannen beide den ersten rheinland-pfälzischen Existenzgründerpreis. Eine Veranlassung, in die Politik zu gehen, hat es demnach nicht gegeben. Weshalb dennoch der - gelungene - Versuch? "Ich wollte etwas verändern", sagt die Unternehmerin, die offenkundig Entschlossenheit verkörpert. Aus der Wirtschaft in die Verwaltung

Schlechte Erfahrungen mit der Hillesheimer Verwaltung habe sie zwar nicht gemacht. Dennoch habe sie ab und zu gedacht: "Wenn die mal jemanden aus der Wirtschaft hätten, wüssten sie, wo's klemmt und wie man dieses oder jenes Problem anpacken sollte." Auf die Frage, wie sie die Betreuung ihrer vierjährigen Tochter angesichts der bevorstehenden, unzähligen Sitzungen und Abendtermine anpacken wolle, sagt die junge Mutter: "Ich bin mir sicher, dass ich den Job flexibel gestalten kann. Und wenn es zu Härten kommt, nehme ich mir mal am Vormittag Zeit für sie oder gehe mit ihr essen", sagt sie und macht sich auf den Weg zum Kindergarten. Denn heute ist der lange geplante Badetag mit der kleinen Franziska - Geschenk für den Wahlsieg und Ausgleich für die harte Wahlkampfzeit zugleich.

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