Hahn-Verkauf: Innenminister Lewentz wehrt sich gegen Rechnungshofbericht, die Opposition zählt ihn an

Mainz/Hahn · Roger Lewentz sitzt auf einem Stuhl und flachst mit einem Journalisten über dessen neuen Haarschnitt. Der rheinland-pfälzische Innenminister will sich den Druck spürbar nicht anmerken lassen, der nach dem Bericht des Landesrechnungshofs auf ihm lastet.

Die 97 Seiten zum geplatzten Hahn-Verkauf an den chinesischen Investor SYT im Sommer 2016 bergen Brisanz, weil sie in allererster Linie das Innenministerium und damit dessen Chef arg belasten: Roger Lewentz.

Mehrere Gesellschafterwechsel, hochtrabende Wirtschaftspläne, Widersprüche bei den Geldgebern hinter der SYT, sogar Zweifel aus dem eigenen Finanzministerium hätten das Land stutzig machen und zu eigenen Prüfungen führen müssen, so der Tenor des Gutachtens.

Lewentz wehrt sich gegen die Vorwürfe. Die Landesregierung habe "schnell die Reißleine" gezogen, als sich die SYT als unseriöser Partner erwiesen habe. Bei den Beratern habe das Land gerade externen Sachverstand eingebunden, weil es selber keine Expertise in der Veräußerung eines Flughafens haben konnte. Zugleich räumt Lewentz Versäumnisse ein, aus denen das Land im weiteren Verkaufsverfahren aber gelernt habe. Doch wie geht es weiter?

Am Mittwoch soll der Landtag dem Verkauf der rheinland-pfälzischen Anteile an den chinesischen Bieter HNA zustimmen. Darauf bezieht sich Lewentz auch ausweichend, als ihn ein Journalist fragt, ob er nicht Konsequenzen aus dem "gruseligen Bild" des Rechnungshofberichts ziehen müsse. "Ich bewerte meine Verantwortung so, für den Hahn und die Region eine gute Zukunft zu ermöglichen. Und mit der HNA haben wir einen guten Partner gefunden", sagt Lewentz. Der Deutschen Presse-Agentur sagt der Minister am Abend, er sehe "keinen Anlass, über einen Rücktritt nachzudenken".

Die Opposition im Mainzer Landtag zählt den Innenminister dagegen an. "Die Luft für Lewentz wird dünner", sagt Martin Brandl von der CDU, während deren Landesgeneralsekretär Patrick Schnieder (Vulkaneifel) fragt, ob Ministerpräsidentin Malu Dreyer ihren Innenminister weiter stützen wolle, "trotz der erschütternden Erkenntnisse über sein Versagen". Die Union möchte das Gutachten aufarbeiten, am 5. Mai ist eine Sondersitzung.

AfD-Fraktionschef Uwe Junge pocht dagegen auf einen Untersuchungssausschuss und hat Strafanzeige gegen Lewentz gestellt. "Wegen Untreueverdachts", sagt Junge. Dem Land sei wegen mangelnder Sorgfalt ein Schaden von mehreren Millionen Euro entstanden.

Der Minister sieht das anders. Die SYT habe nie Zugriff auf Eigentum des Landes gehabt, sagt er. Finanziellen Schaden erwähne auch der Rechnungshofbericht nicht, aus dem er nichts Neues erfahren habe.

Innenstaatssekretär Randolf Stich deutet wiederum an, dass ihn manche Passage schon überrascht habe. Wie die Geschichte, dass der angebliche SYT-Mittelsmann, ein Bernsteinhändler aus Idar-Oberstein, der Beratungsgesellschaft die Bankgarantie eines chinesischen Investors über 200 Milliarden US-Dollar weitergeleitet haben soll - und zwar als Bild via E-Mail. Die Unterlagen habe man erst im Gutachten gesehen, sagt Stich.

Beim eingetragenen Stammkapital der SYT stellt der Rechnungshof dagegen lediglich 14.000 Euro fest. Die deutliche Schelte des Rechnungshofs: Das Ministerium habe es unterlassen, sich ein eigenes Bild "von der Professionalität, Seriosität und Bonität der Bieter zu verschaffen."

Das Gutachten des Rechnungshofs findet sich hier zum Download im PDF-Format .

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