"Herzbube" auf allen Kanälen

Wahlkampfzeiten sind Medienzeiten. Was zählt, ist vor allem Präsenz im Fernsehen. Einer, der darin seit einigen Tagen fast Deutscher Meister ist - neben den Berliner Polit-Größen -, heißt Kurt Beck.

Den SPD-Bundesvize und Mainzer Ministerpräsidenten gab es auf allen Kanälen: Ob Tagesthemen, heute-journal oder gar Stefan Raabs "TV-Total". Bei "Sabine Christiansen" im Ersten und der "Verleihung der Golden Stimmgabel" im Zweiten trat er sogar auf beiden Kanälen gleichzeitig in Aktion. Beck sorgte als vermeintlicher Türöffner für nie zustande gekommene Gespräche mit der FDP für Schlagzeilen, ebenso als erster in der führenden Genossenriege, der von einer Großen Koalition nur unter einem Kanzler Schröder abrückte. Dass Beck bei dieser Bundestagswahl irgendwie groß herauskommt, hat der Berliner "Tagesspiegel" wohl geahnt. Die Zeitungsmacher hatten Sammelbögen eines Politiker-Skats mit Karikaturen ihrem Blatt beigelegt. Mit dabei als Herz-Bube: Ein hemdsärmeliger und gar nicht so herzig dreinschauender rheinland-pfälzischer Landesvater. Mit reichlich Wein versorgt und von urwüchsiger Statur prostet er kämpferisch dem Betrachter zu. Nicht nur jedem Hauptstädter müsste nun klar sein: Rheinland-Pfälzer Herzbuben frönen gern Bacchus und sind von zupackender Art - etwas angriffslustig dazu. Dass Beck derzeit den Arm in Gips trägt, kommt allerdings nicht von einem öffentlich gewordenen Polit-Gerangel im SPD-Vorstand in dieser Woche mit seinem bayerischen Partei-"Freund" Ludwig Stiegler, wie in Mainz versichert wird, sondern von einer Sehnenscheidenentzündung. Auf ganz andere Bühnen zog sich dagegen CDU-Bundesvize und Landesparteichef Christoph Böhr zurück. Mit der CDU-Fraktion weilte der Trierer mehrere Tage in Rom - zu politischen Gesprächen, wie es hieß. Auch Ministerpräsident Silvio Berlusconi stand auf dem Plan. Höhepunkt der Reise war eine Audienz bei Papst Benedikt XVI. in seiner Sommerresidenz Castel Gandolfo. Böhr überbrachte herzliche Grüße aller Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer, wie es später hieß. Nicht überliefert ist, ob die Hoffnung auf göttlichen Beistand für die Landtagswahl die Christdemokraten gen Rom pilgern ließ oder die innere Einkehr - oder beides.

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