Hunsrücker Flair

Mit einem Massenansturm wird der Landtag an diesem Wochenende jäh aus der zu Ende gehenden Sommerpause gerissen. Bis zu 50 000 Jugendliche werden erwartet - nicht um der Volksvertretung die Ehre zu erweisen, sondern um begeistert die Popstars des Rheinland-Pfalz-Open-Airs zu erleben.

Landtagspräsident Joachim Mertes hofft als einer der Mitveranstalter des RPR 1-Festivals, dass die Jugendlichen den Landtag wenigstens positiv registrieren, wenn sie zwischen Deutschhaus und Mainzer Schloss ausgelassen feiern und das Regierungsviertel in Besitz nehmen. d Mertes selbst hat als Liebhaber der klassischen Musik wilde Zeiten eher hinter sich. So verkündete der in Nittel an der Obermosel aufgewachsene gelernte Bäcker nunmehr in Mainz voller Stolz, dass er beim ersten deutsch-luxemburgischen Weinhappening zur "Ehrenschnecke" und damit zum Ehrenbürger der Luxemburger Gemeinde Machthum ernannt wurde. Damit könne er nun ganz legal über die Mosel die Grenze passieren, witzelte der Landtagspräsident. In Schülerzeiten hatte er des Öfteren bei Schmuggeltouren durch die Mosel mit Tabak unkontrolliert die Seiten gewechselt, wie er einst "beichtete". Inzwischen genießt der Parlamentschef allerdings seit Jahrzehnten die Hunsrücker Höhenluft. Da er die zu seinem Leidwesen jedoch nicht mit nach Mainz nehmen kann, hat er sich sein Büro als Hunsrück-Zimmer eingerichtet, um wenigstens heimatliche Atmosphäre in seinem Herrschaftszimmer genießen zu können, wenn der Polit-Alltag ihn nun wieder einholt. Neben einem schmuck restaurierten Schrank und einer stattlichen Kommode hat er auch vier Landschaftbilder des Hunsrücker Malers Otto Prochnow - auf eigene Kosten - angeschafft, damit entsprechendes Flair die Sinne beflügelt. Eine Atmosphäre, die er an seinem zweiten Amtssitz als Ortsbürgermeister von Buch in seinem Heimatort ohne großen Aufwand genießen kann. In seinem mächtigen Schrank bewahrt Ex-Hauptfeldwebel Mertes derzeit übrigens ein wichtiges Stück Landes-Historie auf: Die Uniform des früheren französischen Generals Koenig, der am 30. August 1946 die Gründung des Landes Rheinland-Pfalz verfügte und normalerweise auf der Mainzer Zitadelle zu Hause ist. Die Leihgabe soll nächste Woche im Landtag in einer kleinen Ausstellung präsentiert werden, wenn das von den Franzosen geschaffene Land aus der Retorte beginnt, seinen 60. Geburtstag zu feiern.

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