"Ich bin doch unschuldig"

Knapp drei Jahre nach dem immer noch ungeklärten Raubmord an einem 54-Jährigen in Mehren (Vulkaneifelkreis) hat ein nach eigenen Angaben zu Unrecht verdächtigter Mann schwere Vorwürfe gegen die Ermittler erhoben. "Ich wurde behandelt wie ein Schwerverbrecher", sagt Tomasz Lizak. Auf die geforderte Entschuldigung dürfte der 36-Jährige allerdings vergeblich warten.

 Attackiert im ungeklärten Mordfall Mehren jetzt die Ermittler: Speditionsfahrer Tomasz Lizak (36). TV-Foto: Rolf Seydewitz

Attackiert im ungeklärten Mordfall Mehren jetzt die Ermittler: Speditionsfahrer Tomasz Lizak (36). TV-Foto: Rolf Seydewitz

Trier. Der brutale Raubmord an dem Niederlassungsleiter eines Paketdienstleisters im Mehrener Industriegebiet schockt um die Weihnachtszeit 2005 die gesamte Region. Ein Lastwagenfahrer entdeckt an einem kühlen und trüben Samstagvormittag die Leiche des 54-Jährigen. Hans-Joachim E. ist in der Nacht zuvor erschlagen worden, ergibt später die Obduktion. Und: Der oder die Täter hatten es offenbar auf Geld abgesehen. Im Firmentresor fehlen mehrere Tausend Euro.

Die Ermittler richten eine Sonderkommission ("Spedition") ein, Staatsanwaltschaft und Arbeitgeber des Ermordeten setzen eine Belohnung von 15 000 Euro aus. Vergeblich. Bis heute ist das brutale Verbrechen nicht geklärt.

Aber es gab zumindest einen Tatverdächtigen: den gebürtigen Polen Tomasz Lizak. Der heute 36-jährige Speditionsfahrer war einer der letzten, der den Niederlassungsleiter lebend sah - in der Nacht, in der er ermordet wurde. "Ich habe meine Pakete abgegeben und bin kurz vor 22 Uhr wieder raus", sagt Lizak. Zu dieser Zeit seien außer dem Niederlassungsleiter noch zwei andere Personen in der Halle gewesen, "darunter ein mir unbekannter Mann um die 50".

Der 1994 als Fußballer in die Region gekommene Lizak fuhr in jener Nacht nach eigenen Angaben noch gemeinsam mit seinem Vater und Bruder nach Polen. Dort habe er am nächsten Tag telefonisch vom Tod des 54-Jährigen erfahren. Und davon, dass die Polizei ihn befragen wolle. "Ich fuhr dann montags zurück und bin noch in der Nacht zur Dauner Polizei", sagt der Familienvater. "Man hat mich sofort erkennungsdienstlich behandelt und eingesperrt." Am nächsten Tag sei er in Handschellen nach Trier gebracht worden. "Einen Rechtsanwalt habe ich abgelehnt", sagt Lizak, "ich hatte mit der Sache ja nichts zu tun."

"Da wurde das Leben plötzlich kompliziert"



Am Tag darauf wurde Lizak wieder entlassen. "Da fing das Leben plötzlich an, kompliziert zu werden", erinnert er sich. Nachdem ihm mitgeteilt worden sei, dass er das Mehrener Speditionsgelände nicht mehr betreten dürfe, habe er sich in seiner polnischen Heimat nach einem neuen Job umgeschaut und schließlich als Deutschlehrer an einer Schule gearbeitet.

Doch die Vergangenheit holte Lizak ein. Im Sommer 2006 durchsuchten Kripobeamte Lizaks Wohnung und die seiner Eltern und Schwiegereltern. Ein Jahr später, der studierte Germanist arbeitete inzwischen wieder als Speditionsfahrer in der Vulkaneifel, sei er abermals festgenommen worden - wegen Mordverdachts.

In einer Vernehmung habe ihn der Leiter der Trierer Mordkommission, Bernd Michels, behandelt wie einen Schwerverbrecher. "Er hat mir ein Foto meiner Frau und meiner Tochter vorgehalten und gesagt: Die siehst du nie wieder, du bekommst lebenslänglich." Den verlangten Anwalt habe man ihm abgelehnt. Lizak wurde erneut freigelassen. "Doch seitdem", sagt der nach eigenen Angaben nicht vorbestrafte Pole, "wache ich oft nachts auf, weil ich Alpträume habe." Tomasz Lizak fühlt sich stigmatisiert, zu Unrecht verfolgt und fordert nun eine Entschuldigung und Entschädigung für die Tage hinter Gittern.

Lizaks Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Michels wurde inzwischen zurückgewiesen, "für eine Entschuldigung gibt es keine Veranlassung", teilte das Polizeipräsidium auf Anfrage unserer Zeitung mit. Mit seinem Wunsch nach finanzieller Entschädigung könnte der 36-Jährige dagegen mehr Glück haben. Allerdings müsse dafür erst das Ermittlungsverfahren gegen Lizak eingestellt werden, sagt Triers Leitender Oberstaatsanwalt Horst Roos. "Dies ist noch nicht erfolgt."

Heißt im Klartext: Die Ermittler haben Tomasz Lizak immer noch im Visier.

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