"Ich war seine Marionette"

TRIER. Vor dem Landgericht ist der Prozess gegen einen Landwirt aus der Nähe von Wittlich fortgesetzt worden. Der 43-jährige soll seine ehemalige Lebensgefährtin misshandelt und bedroht haben. Beim Aufeinandertreffen der beiden vor Gericht stand Aussage gegen Aussage.

Der eigentliche Anlass des seit Mai laufenden Prozesses gegen den 43 Jahre alten Angeklagten war zuletzt nur noch Nebensache. Nachdem ein Zeuge ausgesagt hatte, er sei vom Vater des Angeklagten für eine Falschaussage zugunsten des Sohnes bezahlt worden, und einer der Rechtsanwälte habe von der Absprache gewusst, richtete sich der Fokus wochenlang nur noch auf Nebenkriegsschauplätze. Alle drei Wahlverteidiger schmissen zwischenzeitlich den Bettel hin, einer, der Trierer Strafverteidiger Paul Greinert (74), nicht ganz freiwillig. Hätte er sein Mandat nicht niedergelegt, wäre es ihm wohl entzogen worden. Die Staatsanwaltschaft hatte dies beantragt, weil Greinert Zeugenaussagen manipuliert haben soll, was dieser bestreitet. Mittlerweile ist der 74-Jährige deshalb sogar angeklagt (TV vom 12. August). Vorläufiges Ende eines Nebengefechts, Vorhang wieder auf für den eigentlichen Prozess gegen den in U-Haft sitzenden 43-Jährigen. Darf man der Anklageschrift glauben, erlebte seine ehemalige Freundin während der Partnerschaft mit dem sechs Jahre älteren Mann ein wahres Martyrium - gekennzeichnet durch permanente Schläge und Drohungen. "Frank T. hatte zwei Gesichter", sagt die Frau mit stockender Stimme. "Das eine habe ich abgöttisch geliebt. Und vor dem anderen hatte ich eine wahnsinnige Angst." Sein anderes Gesicht soll der Angeklagte etwa nach einem Reitturnier in den Niederlanden gezeigt haben, als die beiden abends ins Hotelzimmer kamen. "Nach einem Streit hat er mich erst geschlagen und dann, als ich um Hilfe gerufen habe und aus dem Zimmer laufen wollte, aufs Bett geworfen", berichtet die 37-Jährige. Als sie weiter geschrieen habe, habe er ihr erst einen Strumpf in den Mund gesteckt und dann ein Kissen aufs Gesicht gedrückt. Irgendwann habe er losgelassen. "Als ich dann raus wollte, war das mit dem Sweat-Shirt. Er hat es mir um den Hals geknotet und zugezogen." Frank T. habe sich schließlich wieder beruhigt, seine ebenfalls im Hotel übernachtende Tochter angerufen, die dann auch gekommen sei. "Sie wusste gleich, was los ist." Der Vorfall in den Niederlanden - nur einer von vielen, behauptet die Zeugin. "Ich war seine Marionette, die sich so lange bewegen konnte, wie er gute Laune hatte. Aber ganz plötzlich ist er dann immer explodiert." Hätte er noch einen Cowboy-Hut auf, sähe der Angeklagte ein wenig aus wie einst der Marlboro-Mann: blaue Augen, Schnauzer, Jeans, weißes T-Shirt, Hemd. Unschwer vorstellbar, dass die Frauen auf den selbstbewussten Pferdeliebhaber geflogen sein müssen. Aus seiner heutigen Abneigung gegen die Frau, mit der ein knappes Jahre lang zusammenlebte, macht er keinen Hehl. "Ich traue ihr mittlerweile alle Niederträchtigkeiten zu", sagt der 43-Jährige. Und: "Ich war so blöde und habe ihr immer wieder vertraut. Dabei hat jeder gesagt: Schick dat Ding in die Wüste." Der fragliche Abend im Hotelzimmer hat sich laut Frank T. völlig anders abgespielt, als ihn seine Ex schilderte. "Wir hatten eine Auseinandersetzung, das stimmt", sagt er. "Die einen sagen dazu Streit, die anderen geschäftliche Meinungsverschiedenheit." Jedenfalls habe seine Freundin irgendwann zwei Schlaftabletten genommen, sei ins Bad gegangen, als er plötzlich seltsame Geräusche gehört habe. "Als ich gucken gegangen bin, stand sie vor dem Spiegel, hatte ein Sweat-Shirt um den Hals und strangulierte sich." Heute wisse er: "Das war eine gute Show, um andere in Bedrängnis zu bringen." Die Schilderungen könnten konträrer nicht sein. Licht ins Dunkel werden wohl erst weitere Zeugen bringen. Der Prozess wird am übernächsten Freitag fortgesetzt.

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