"Ich wollte meiner Mama nicht wehtun"

Im Totschlagprozess gegen eine 25-jährige Frau aus Konz hat die Angeklagte eingeräumt, mit ihrem Auto auf der Bundesstraße 51 absichtlich frontal in einen entgegenkommenden Lastwagen gerast zu sein. Sie bestreitet allerdings, dass sie bei dem Unfall die neben ihr sitzende Mutter mit in den Tod reißen wollte.

 Aus diesem ausgebrannten Polo wurden die beiden Insassinnen gerettet. TV-Foto: Archiv/Agentur Siko

Aus diesem ausgebrannten Polo wurden die beiden Insassinnen gerettet. TV-Foto: Archiv/Agentur Siko

Trier. (sey) Der Schutzengel an jenem Ostermontagmorgen war ein Feuerwehrmann. Er fuhr mit seinem Wagen hinter dem LKW in Höhe des Industriegebiets Sirzenich auf der B 51 Richtung Trier, als auf der Gegenfahrbahn plötzlich ein Polo ausscherte und geradewegs in den Lastwagen raste. Der Kleinwagen fing an zu brennen, der Augenzeuge zog die beiden verletzten Frauen aus dem völlig demolierten Auto. Ohne das beherzte Eingreifen wären sie wohl verbrannt.

Die 25-jährige Fahrerein wollte an jenem Morgen nach eigenen Angaben ihrem Leben ein Ende setzen. Seit gestern muss sich die Konzerin vor dem Trierer Landgericht verantworten - nicht wegen des Selbstmordversuchs, der nicht strafbar ist, sondern weil die 60-jährige Mutter der Frau auf dem Beifahrersitz saß. Auch der LKW-Fahrer wurde bei dem Unfall leicht verletzt.

Die Angeklagte sitzt wegen Totschlagversuchs in Untersuchungshaft. Allerdings bestreitet sie den Vorwurf. "Ich habe in dem Moment nicht realisiert, dass meine Mutter neben mir sitzt", sagte die 25-Jährige beim Prozessauftakt. "Ich wollte ihr ja nicht wehtun." Der gescheiterte Selbstmordversuch war nach Angaben der Angeklagten eine Kurzschlussreaktion: "Ich habe mir am Vorabend Sorgen gemacht über Gott und die Welt."

"Und worüber beispielsweise?", will die Vorsitzende Richterin Petra Schmitz wissen. Etwa über die schwierige Lage der Opel-Mitarbeiter oder der Milchbauern, antwortet die 25-Jährige. Zudem habe es an ihrem Arbeitsplatz - sie ist Putzfrau in einer Klinik - Gerüchte gegeben, dass eine Privatfirma die Arbeit der Festangestellten übernehmen könne. Diffuse Ängste, aber reichen die allein schon aus, eine junge Frau innerhalb kürzester Zeit so verzweifeln zu lassen, dass sie ihrem Leben ein Ende setzen will? Die 25-Jährige war nach dem Unfall erst in psychiatrischer Behandlung. "Nicht zum ersten Mal", sagt sie. "Schon als Jugendliche hatte ich Probleme mit meiner dunklen Hautfarbe."

Die Konzerin wuchs größtenteils in einer Pflegefamilie und im Heim auf. Ihren leiblichen Vater kennt sie nicht. "Ich weiß nicht mal, wie er heißt". Trotz Besuchs der Sonderschule machte sie den Hauptschulabschluss, danach eine Hauswirtschaftsausbildung, kurz darauf den Führerschein. Sie hat eine eigene Wohnung und einen festen Job. Ihre Kolleginnen sind zum Prozessauftakt da, sie winken der Angeklagten zu, die 25-Jährige lächelt zurück.

Vieles in diesem ungewöhnlichen Prozess dürfte vom Gutachten des Psychiatrie-Professors Dr. Johann Glatzel abhängen. Ein Urteil fällt frühestens in zwei Wochen.

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