Idee: Winzer könnten mit Marke "Liebfrauenmilch" für Wein aus Rheinland-Pfalz werben

Trier/Mainz · Die deutschen Weinexporte sacken ab. Eine Minister-Idee soll das Geschäft beleben.

Sweet and cheap, spotten die Engländer, wenn sie über die Liebfrauenmilch sprechen. Süß und billig. Es ist kein glänzendes Image, das dem lieblichen Wein aus Rheinland-Pfalz vorauseilt. Rolf Haxel, Weinbaupräsident der Mosel, weiß das und lächelt über die Geschichte. Und doch gibt's da ein Problemchen mit der netten Anekdote.

Wirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) hat ein Label vorgeschlagen, mit dem Weinanbauregionen aus Rheinland-Pfalz mit vereinten Kräften künftig wieder ihre Exporte ins Ausland steigern könnten - auch die von der Mosel. Den Markennamen, den er zur Wiederbelebung anregt: Liebfrauenmilch.

Haxel sagt, man müsse wohl viel Geld in die Hand nehmen, um das Image der Liebfrauenmilch zu beleben. In einer Frage ist er mit dem Minister aber einig: Es muss etwas passieren, um Verkäufe anzukurbeln.

Vom Jahr 2000 bis 2015 stieg der Literpreis exportierten deutschen Weins zwar von 1,51 Euro auf 2,89 Euro. Doch die Menge halbierte sich von fast zwei Millionen Hektoliter um die Hälfte auf sogar etwas unter eine Million Hektoliter im vergangenen Jahr. Wissing nennt das "besorgniserregend".

Von den Nöten sieht Haxel nicht die Winzer betroffen, die Spitzenweine haben, die sie selbst vermarkten und im Restaurant für mehr als sechs Euro für 0,1 Liter verkaufen können. Diese kämen nicht infrage für ein gemeinsames Label. Was anderes gelte hingegen für die Winzer, die von Supermarkt-Verkäufen abhängig seien, meint Albrecht Ehses von der Industrie- und Handelskammer Trier.

Dabei geht es laut Ehses um mehr als die Hälfte der Winzer. Deren Problem: Im Ausland verliere Deutschland zunehmend an Regalmetern in Supermärkten. Länder wie Australien oder Spanien feiern dagegen rasante Absätze. Ehses erklärt das auch damit, dass diese eingängige Marken wie Shiraz oder Rioja exportierten, die sich nicht über ein bestimmtes Weingebiet definierten und günstig in den Supermärkten zu kaufen seien.

Weinindustrie, Genossenschaften und Kellereien arbeiten nun an einem Konzept, um eine Art Rheinland-Pfalz-Label zu erstellen. Die nächsten Gespräche warten schon. Das Weinministerium teilt auf TV-Anfrage mit, Ende August werde die dritte Sitzung einer aus allen Bereichen der Weinwirtschaft eingerichteten Arbeitsgruppe abgehalten. Dort sollen erste Ergebnisse einer Expertenbefragung durch die Hochschule Geisenheim besprochen werden. Brennende Fragen dabei: Was ist ein geeignetes Profil, welche Qualität muss ein Wein haben?

In der Region findet die Idee Anklang. Haxel sagt, die Pläne seien erst in der Mache. Es gehe nun darum, unter allen Anbaugebieten in Rheinland-Pfalz auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Für viele Winzer gehe es auch darum, ihre Flächen weiter zu bewirtschaften, zu erhalten und Existenzen zu sichern. "Wir sind scharf darauf, dass das klappt", sagt er.

Johannes Hübinger, Vorsitzender des Verbandes der Weinkellereien Mosel, unterstützt die Idee ebenfalls. "Wir Rheinland-Pfälzer stehen nicht in Wettbewerb zueinander, sondern in Konkurrenz zu vielen Ländern auf der Welt. Da müssen wir uns was einfallen lassen."

Bis Ende des Jahres rechnet Haxel mit Ergebnissen. Komme es zu einem Rheinland-Pfalz-Label, dann müsse natürlich Geld fließen für die Vermarktung. Unter welchem Namen ein rheinland-pfälzischer Wein laufen würde, ist für Haxel derzeit zweitrangig. Wissing verweist in Mainz gerne auf den Kräuterlikör Jägermeister, dem ein Imagewandel hin vom Altherrenschnaps zu einem hippen Getränk gelungen sei. Ob das auch bei der Liebfrauenmilch klappt? Eine Hochschule soll gerade prüfen, welcher Name zum Renner werden könnte - und ob es das Revival von süß und billig gibt.Extra: WAS HINTER DER LIEBFRAUENMILCH STECKT

(flor/dpa) Benannt ist der Wein nach dem Liebfrauenstift in Worms. Es war Peter Josef Valckenberg, der die Liebfrauenmilch vor mehr als 100 Jahren in der Welt bekanntmachte. Im Massenmarkt genoss sie später nur noch einen zweifelhaften Ruf. Die Marke ist nicht geschützt, es muss sich lediglich um Weißwein handeln, der aus den Anbaugebieten Rheinhessen, Pfalz, Nahe und Rheingau kommt und mehr als 18 Gramm Restsüße hat. Sollten Moselwinzer in ein Liebfrauenmilch-Label eingebunden werden, müsste diese Regel geändert werden, sagt Mosel-Weinbaupräsident Rolf Haxel.

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