Jeder Versicherte schluckt für 250 Euro Pillen

TRIER. (wie) Die Ausgaben für Arzneimittel sind explodiert. Auch in Rheinland-Pfalz mussten die Krankenkassen mehr bezahlen. In den ersten sechs Monaten stiegen die Ausgaben im Land um elf Prozent.

Ende vergangenen Jahres rieben sich die Kassenchefs noch die Hände. Die Gesundheitsreform hatte den gesetzlichen Krankenkassen einen satten Überschuss von vier Milliarden Euro beschert. Doch die ersten sechs Monate 2005 lassen Ernüchterung einkehren. Die Spareffekte der Gesundheitsreform könnten durch höhere Arzneimittelausgaben aufgefressen werden. Experten rechnen allenfalls noch mit einer ausgeglichenen Bilanz der gesetzlichen Kassen. Auch in Rheinland-Pfalz sind nach Angaben der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (Abda) die Arzneimittelausgaben drastisch gestiegen. Im Juni mussten die Kassen elf Prozent mehr ausgeben, 95 Millionen Euro zahlten sie allein in diesem Monat für Pillen und Salben. Bleibt es bei diesen Steigerungen, rechnen die Apotheker damit, dass die Ausgaben Ende des Jahres um knapp 7,5 Prozent höher sein werden als 2004. Im vergangenen Jahr wurde landesweit eine Milliarde Euro für Arzneimittel ausgegeben. Bundesweit sind die Ausgaben im ersten halben Jahr um ein Fünftel gestiegen. 2004 Jahr lagen sie bei 20 Milliarden Euro. Die gesetzlichen Krankenkassen machen die Verschreibungspraxis der Ärzte für den Anstieg verantwortlich. Der Gesundheitsberater der Bundesregierung, Karl Lauterbach, forderte dieser Tage die Kassenärztlichen Vereinigungen auf, die Verordnungen der Ärzte genauer unter die Lupe zu nehmen und das Verschreiben teurer, aber wenig wirksamer Mittel zu verhindern. Auch die Pharmaindustrie sei Schuld an den drastischen Steigerungen, sagte Lauterbach. Weil sie höhere Gewinne erwirtschaften wolle, "fresse" sie den Spareffekt auf, so dass den Kassen kaum Spielraum für Beitragssenkungen bleibe, so der SPD-Politiker. Die Kassen halten sich derzeit noch zurück mit Aussagen über niedrigere Beiträge. Laut einer Befragung der Techniker Krankenkasse (TK) lehnt die Mehrheit der Rheinland-Pfälzer, Saarländer und Hessen (97 Prozent) höhere Kassenbeiträge ab und plädiert stattdessen für eine niedrigere Mehrwertsteuer auf Medikamente (89 Prozent). Im vergangenen Jahr hatte die TK im Schnitt 243 Euro pro Kopf für Arzneimittel ausgegeben, insgesamt waren es 65 Millionen Euro. In der Region Trier gab es mit 250 Euro pro Versichertem überdurchschnittlich hohe Ausgaben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort