Jesu Hochzeit oder Jesu Geburt?

TRIER. Während die Ostereier von Jahr zu Jahr riesiger werden, herrscht bei einigen Menschen großes Rätselraten, was Ostern denn nun bedeutet. Generell umnebelt Kommerz zunehmend den Ursprung aller kirchlicher Festtage.

Jedes Jahr werden der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) zufolge Hunderte von Millionen Euro für Ostereier, Schokohasen und diverses Dekorationsmaterial ausgegeben. Gut eine Woche vor Ostern liefern sich die Geschäfte eine Preisschlacht mit Marzipaneiern, Trüffeln und schokoladigen Langohren in Folie. Während früher der Osterhase ein Körbchen, gefüllt mit bunt bemalten Eiern und ein paar Süßigkeiten brachte, reicht Mümmelmanns Korb auf dem Rücken nicht mehr aus, um die freudig erwarteten Geschenke zu den Kindern zu transportieren. Auch Hans Schlechtriemen, Geschäftsführer der Galeria Kaufhof berichtet, dass das Geschäft um Ostern deutlich zunimmt. Artikel von Playmobil, Barbie und Zubehör finden zurzeit reißenden Absatz in der Spielwarenabteilung. Kinderkleidung wird vermehrt gekauft. Sobald der Faschingsschmuck abgehängt ist schmunzeln dem Verbraucher schon die Schokohasen entgegen. "Ostern macht Weihnachten langsam Konkurrenz", sagt Marc Witzenbacher, Pressesprecher der Evangelischen Landeskirche in Baden (ekiba). Aber es herrscht nicht nur eine Rivalität zwischen dem Fest der Familie und Ostern, wenn es ums Schenken geht: "Großes Rätselraten herrscht bei den Zeitgenossen, wenn man sie fragt, was Ostern denn bedeutet", weiß der Pressesprecher der ekiba. Jeder Sechste der 20- bis 29-jährigen Deutschen ist laut Umfrage im Auftrag einer Frauenzeitschrift der Meinung, zu Ostern werde die Geburt Christi gefeiert. Drei Prozent meinten, es sei Jesu Hochzeit gewesen. Neun Prozent gaben zu Protokoll, sie hätten keine Ahnung vom religiösen Hintergrund des Festes. "Doch wer schon Weihnachten zum Fest des Konsums macht, wird vielleicht auch in Versuchung geraten das Kind an Ostern ein zweites Mal in die Krippe zu legen", sagt Witzenbacher. Im Trubel der Osterhasen- und Ostereierkultur verblasst die Bedeutung des Osterfestes mehr und mehr. "Und dabei ist Ostern, das wichtigste Fest der Christenheit, das Zentrum des christlichen Glaubens. Mit Jesu Auferstehung glauben Christen daran, das das Licht über die Finsternis gesiegt hat, dass Leid und Schmerz ein Ende haben werden", so Witzenbacher. Viele Figuren, wie das Osterei, die Osterkerze und der Osterhase haben oft einen religiösen Hintergrund, den nur noch wenige Menschen kennen. Von "Brauch ohne Glauben" sprechen Volkskundler. Es gehe laut Witzenbacher nicht um Miesmacherei von Konsum und Trubel, es stehe außer Frage, dass Ostern auch für die Wirtschaft wichtig sei. Dennoch plädiert der Pressesprecher dafür, dass die Kirche nicht gänzlich den Osterhasen das Feld überlässt. "Wir müssen etwas dagegen tun, dass mit Osterhasen, Schokoladeneiern und Geschenken Ostern nur noch ein Konsum orientiertes Frühlingsfest wird. Ansonsten verlieren wir unsere Lebensrhythmen, verlieren wir die Grundlagen unserer Kultur." "Vielleicht brauchen wir eine erweiterte Kampagne, die die Festtage erklärt", sagt Marc Witzenbacher - damit Kinder und Erwachsene nicht vermuten, dass an Ostern der Schmunzelhase Ostereier legt und irgendein Hase an Ostern geboren wurde…

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