Juristen und ganz normale Menschen

TRIER/MAINZ. Am rheinland-pfälzischen "Tag der Justiz" luden auch die Gerichte der Region Trier zu Informations-Veranstaltungen ein. Spannend war ein Kunst-Wettbewerb zum Thema "Schüler sehen die Justiz", dessen Preisträger gestern prämiert wurden.

Leise summt der Video-Beamer im Sitzungssaal des Verwaltungsgerichts Trier. Die Präsentation des "elektronischen Gerichts" wirkt einsam angesichts der leeren Zuschauerränge. "Einer von der Stadt war schon da", sagt Richter Herbert Braun. Der EDV-Experte steht für Fragen auf Abruf bereit. Aber all zu viele hat es an diesem Morgen noch nicht gegeben - dabei klingt das, was von der Leinwand dringt, durchaus interessant. Klagen, Schriftsätze: Fast alles kann man beim Verwaltungsgericht inzwischen per Mail machen - wenn eine besondere elektronische Signatur existiert. Auch Akteneinsicht via Computer ist möglich. "Da sind wir die ersten", sagt Richter Braun stolz. Rheinland-Pfalz als Vorreiter: So sieht es auch das Justizministerium gern, das den "Tag der Justiz" initiiert hat. Nicht alle Institutionen sind dabei, die Staatsanwaltschaft etwa lässt die Türen zu. Dafür hat man beim Sozialgericht um so mehr aufgeboten. Vier Richter wetteifern um das Interesse einer ebenso großen Anzahl von Besuchern, es gibt Führungen und Vorträge, im Flur ist ein einladender Tisch mit Keksen und Erdnüssen aufgestellt. Ein bösartiger Betrachter könnte einen Zusammenhang vermuten zwischen dem liebevollen Engagement und den anhaltenden Spekulationen über die Auflösung dieses Fachgerichts. Wo die Existenz bedroht ist, wächst die Sensibilität für Öffentlichkeitsarbeit.Kunst-Wettbewerb als Knüller

Letztere ist auch ein Steckenpferd von Landgerichtspräsident Wolfgang Krämer. Dennoch fällt der Trierer Beitrag zum "Tag der Justiz", gemessen an den Großveranstaltungen in Mainz, wegen des Umbaus der Justizgebäude eher bescheiden aus. Dafür hat man an der Mosel einen anderen Knüller, terminlich abgestimmt, an Land gezogen: Das Finale eines Kunst-Wettbewerbs, an dem sich fast 100 Schüler von vier verschiedenen Trierer Schulen beteiligt haben. Wie sie die Justiz sehen: Das sollten die Jugendlichen aus 8., 9. und 10. Klassen per Skulptur, Collage, Illustration oder Zeichnung ausdrücken. Flankierend gab es Rechtsunterricht. Nun füllen die entstandenen Kunstwerke das Treppenhaus und die Wände rund um den Rokoko-Saal des Kurfürstlichen Palais. Schmeichelhaft für den Auftraggeber sind die meisten nicht. Der Hauptpreisträger bei den Skulpturen: Eine gramgebeugte, hutzelige Justitia, die sich mühsam auf ihr Schwert stützt, während die "Kohle" ihre Waage stark auf eine Seite drückt. Ein politischer Ansatz, der sich immer wieder findet: Wer Geld hat, schneidet bei Gericht besser ab - so sehen es die Schüler. Dollarzeichen, die sich in Paragraphen verwandeln, eine Justitia, die unter der Binde hindurch schielt: Da hat der Landgerichtspräsident einiges zu tun, wenn er am Image seiner Zunft polieren will. Man habe die Sieger "nach der künstlerischen Qualität ausgesucht und nicht wegen Einverständnis mit der inhaltlichen Aussage", betont Krämer in seiner Ansprache. Auch ein wiederkehrendes Motiv: Ein winzig kleiner Angeklagter vor einer riesigen Phalanx von Richtern. Mit diesem beklemmenden Bild holt Julia Heinz vom Hindenburg-Gymnasium den 1. Preis bei den Illustrationen. Reihenweise tauchen Hämmer und Blitze als Symbol für die Justiz auf. Das sieht eher nach Angst als nach Vertrauen aus. Man kennt sich nicht so gut. Die Rolle der Justiz als "Dienstleistung für die Bürger", wie sie Staatssekretärin Stefanie Lejeune beschwört, ist bei den Jugendlichen noch nicht recht angekommen Aber es gibt auch ermutigende Bilder: Die Justiz als sichere Brücke über einen reißenden Fluss aus Bedrohungen. Auch aktuelle Themen haben die Schüler eingebaut: Raubkopien, Drogen, Medien, Tierrechte. Jede Menge Stoff zum Nachdenken für die anwesende Juristen-Schar. Die seien "auch nur ganz normale Menschen", sagt Wolfgang Krämer. Die Kids im Publikum applaudieren freundlich, die HGT-Jazz-Band hält die Stimmung hoch, am Ende bekommen alle Geschenke, die in schmucklos-braunes Briefpapier eingepackt sind. Es wird noch ein bisschen dauern, bis sich die Schüler und die spröde Justiz näher kommen. Aber ein Anfang ist gemacht. Weitere Hauptpreise: Alexander Topolowski, Christian Marzi, Sven Simon (Pestalozzi-Hauptschule); Stefanie Lliteras (Theodor-Heuss-Hauptschule.

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