Kein Sprit mehr an der Tankstelle

"Besorgniserregend" nennt die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen den Alkoholkonsum vieler Jugendlichen. Ihre Forderung: ein nächtliches Schnaps-Verkaufsverbot an Tankstellen. Was in der Stadt Frankenthal durchgefochten werden soll, sieht man im Mainzer Sozialministerium zurückhaltend.

Mainz. (win) Vor den tollen Fastnachtstagen nehmen die Warnungen vor Kampftrinken und Komasaufen zu. Auch Mainzer Karnevalsvereine machen dagegen mobil. Exzessiver Alkoholkonsum hat in Rheinland-Pfalz dazu geführt, dass im Jahr 2006 mehr als 1000 Kinder und Jugendliche stationär in Kliniken behandelt werden mussten. Zehn Jahre zuvor waren es rund 190. Ambulante Behandlungen werden erst gar nicht gesondert erfasst. Als Extremtrinker gelten laut Sucht-Hauptstelle (DHS) zehn Prozent der Jugendlichen, die 50 Prozent des verkauften Alkohols konsumieren. Raphael Gaßmann von der DHS fordert neben einem Verbot für Alkoholwerbung vor allem auch ein Verkaufsstopp für Schnaps an der Tankstelle über Nacht. Gerade der Problemkonsum nehme hier oft seinen Anfang. Das pfälzische Frankenthal hat bereits im Herbst den Verkauf von Schnaps an Tankstellen zwischen 22 und sechs Uhr verboten. Aus Sicht von Oberbürgermeister Theo Wieder fällt nach der allgemeinen Ladenschlusszeit 22 Uhr an den Tankstellen Alkohol nicht mehr unter den erlaubten "Reisebedarf". Nach dem Widerspruch der Tankstellenpächter soll die Verfügung nun rechtlich durchgefochten werden. Wieder hatte angeboten, ein "Six-Pack" Bier, eine Flasche Wein oder Sekt als Ausnahme zum Verkauf zuzulassen. Hochprozentiges und Alcopop-Mischgetränke sollten gänzlich verboten bleiben. Rechtliche Basis eines Verbots ist fraglich

Nach Auffassung von Bernhard Scholten vom Mainzer Sozialministerium wäre ein solches Verkaufsverbot zwar sinnvoll, um den nächtlichen Spontaneinkäufen einen Riegel vorzuschieben. Doch es herrscht Skepsis, ob dies auf rechtlichem Wege möglich ist, weil das Ladenschlussgesetz an Tankstellen "Genussmittel in kleineren Mengen" ausdrücklich zulässt. Aufklärung und eine konsequente Umsetzung des Gaststätten- und Jugendschutzgesetzes hält Scholten für den wichtigeren Weg. An Betrunkene darf demnach kein Alkohol mehr abgegeben werden. Die Rückmeldungen der Jugendsozialarbeiter zeigen nach seinen Angaben, dass die Ordnungsbehörden inzwischen verstärkt kontrollieren und genauer hinschauen. Das baden-württembergische Sozialministerium prüft zwar ganz konkret auf Initiative der CDU-Fraktion ein nächtliches Alkohol-Verkaufsverbot an Tankstellen, doch werden hier erst recht die Chancen wenig optimistisch gesehen. Im Nachbarland dürfen Geschäfte laut Ladenschlussgesetz an Werktagen rund um die Uhr verkaufen. Unterstützt wird die Forderung, Tanksstellen nachts nicht mehr zum Schnapsladen werden zu lassen, von Rudolf Barth von der Suchtberatung der Caritas im Bistum Trier. Die Verfügbarkeit einzuschränken mindert den Konsum gerade bei jugendlichen Extremtrinkern, ist sich Barth sicher. Selbst wenn sich längerfristig vielleicht das Kaufverhalten etwas ändert. Doch das meist spontane Besorgen von "Nachschub" wird erschwert. Laut Barth zeigt sich auch in der Region Trier der Bundestrend: Der Anteil der Viel- oder Extremtrinker unter den Jugendlichen steigt. Mit einem Sucht-Infotag wollen unter anderem heute die Trierer Schulen gezielt vor Fastnacht auf die Risiken des Alkohols aufmerksam machen.

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