"Kein Streichplan in der Schublade"

MAINZ. Bei der Reform der Fachhochschulen (FH) will Wissenschaftsminister Jürgen Zöllner (SPD) nur Vorschläge umsetzen, die dem Standort und der Region nutzen. Die "aufgeregte Diskussion" an der FH Trier um Vorschläge einer Expertengruppe, die für eine Schließung der Fachbereiche Bauingenieur und Architektur plädiert, kann der Minister nicht nachvollziehen. Er habe keine Pläne in der Schublade, versicherte Zöllner dem TV .

Die Gutachter-Vorschläge haben heftige Reaktionen an der FH Trier ausgelöst. Wurde die Bedeutung des Standorts falsch eingeschätzt? Zöllner:Ich verstehe die aufgeregte Diskussion nicht. Das Ziel des Gutachtens, das ja auf Wunsch der Fachhochschul-Präsidenten erstellt wurde, ist die Stärkung der Standorte und damit auch der Region. Und nur das, was zur Stärkung eines Standortes führt, wird die Landesregierung auch machen. Es mag Experten-Vorschläge geben, die nur auf den ersten Blick negativ wirken. Oder sie werden am Ende verworfen, weil sie sich wirklich als nicht gute Ratschläge erweisen. In Trier gibt es Zweifel an der Objektivität der Gutachter. Zöllner: Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Ich habe die beiden besten und von den Fachhochschulen offensichtlich am höchsten geschätzten Persönlichkeiten Deutschlands für das Gutachten gewonnen. Die Vorsitzende der Arbeitsgruppe und ihr Stellvertreter sind deren Vertreter im Wissenschaftsrat und entsprechend qualifiziert und akzeptiert. Beide hatten freie Hand bei der Auswahl weiterer Mitglieder. Ich habe den Eindruck, dass ich die Zweifel in einem Gespräch mit Präsident Hofmann ausgeräumt habe. Haben Sie ihr Reformkonzept bereits in der Schublade - auch ohne Gutachten, wie die Fachhochschule denkt? Zöllner: Nein, das habe ich nicht. Und ich frage mich, wie man auf so eine Idee kommt. Wenn ich bereits im Vorhinein eine Entscheidung getroffen hätte, wäre ich nicht diesen Umweg über die Arbeitsgruppe gegangen. Soweit sollte man mich in der rheinland-pfälzischen Hochschullandschaft kennen. Ist die Fakten-Basis für das Gutachten noch aktuell? Zöllner: Die Zahlen der Gutachter kommen von den Fachhochschulen. Ich gehe davon aus, dass sie aktuell und korrekt sind. Schont die Studie andere Standorte? Zöllner: In keiner Weise. Wir werden, wie ich angekündigt habe, erst mit den Betroffenen reden. Der Minister wird sich ein Urteil bilden, nachdem er mit den Fachhochschulen gesprochen hat. Es gab also keine Vorgaben oder Festlegungen von Ihnen? Zöllner: Es gab den Auftrag, Vorschläge zu machen, damit die Fachhochschulen zukunftsfähiger arbeiten können. Sonst gab es selbstverständlich keinerlei Vorgaben. Die Fachhochschule fürchtet, dass das Gutachten durch die Unsicherheit um einzelne Studiengänge bereits Fakten schafft und Studierwillige abschreckt. Zöllner: Das ist eine überhaupt nicht nachvollziehbare Argumentation. Egal was geschieht, und dies ist keinerlei Andeutung für die Umsetzung einer der Vorschläge, wird man natürlich auf ein Fortführen der begonnenen Studien achten. Man wird nie einen Studiengang schließen und dabei die Studenten hängen lassen. Wenn Strukturänderungen grundsätzlich abgelehnt werden, hätte man sagen müssen, wir wollen keine Ratschläge. Der Vorschlag zur Schließung der Fächer Bauingenieur und Architektur am Standort Trier soll ja eine landesweite Überkapazität abbauen. Ist das sinnvoll? Zöllner: Auch in Trier ist ja unbestritten, dass wir bundesweit doppelt soviel junge Menschen in diesen Fächer ausbilden wie Arbeitsmöglichkeiten vorhanden sind. In Rheinland-Pfalz wird sogar noch einmal doppelt soviel ausgebildet wie im Bundesdurchschnitt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Entweder reduziere ich an allen Standorten die Kapazität, um verantwortungsvoll mit Ressourcen und der Zukunft junger Menschen umzugehen. Oder aber ich schließe einen Standort, nutze die Mittel, um ihn in einem anderen Bereich stärker zu machen und ermögliche dadurch den verbliebenen Standorten, effektiver zu arbeiten. Dieser Abwägungsprozess hat noch nicht stattgefunden. Wird sich ihre zeitliche Planung ändern wie von der FH Trier gefordert?Zöllner: Es wird sich höchstens etwas ändern, wenn wir sehr viel schneller zu einvernehmlichen Regelungen kommen. Ich will in dieser wichtigen Entscheidung für die gesamte Hochschullandschaft des Landes keinerlei Zeitdruck setzen. Es geht ja auch um Alternativen zu den Vorschlägen der Gutachter. Glaubwürdig ist man nur, wenn eine offene Diskussion geführt wird. Sind die regionalen Perspektiven von den Gutachtern genügend gewürdigt worden?Zöllner: Die regionale Bedeutung der Fachhochschulen schätze ich als unheimlich wichtig ein. Daher auch der überdurchschnittliche Ausbau in den letzten Jahren. Deswegen wird ein entscheidendes Kriterium für eine Reform der regionale Gewinn sein. Möglicherweise ist es gerade ein Gewinn, wenn sich etwas ändert. Dies muss gemeinsam hinterfragt werden. Wann wird es die Gespräche geben?Zöllner: Ich werde in Kürze mit den Fachhochschulen erst einmal intern reden und parallel dazu mit allen, die an der Entwicklung der Fachhochschule interessiert sind. Ich bin optimistisch, dass alle nachher feststellen, was wir machen ist für die Region besser als es vorher war. Ein erstes Gespräch mit Präsident Hofmann hat möglicherweise schon das eine oder andere Missverständnis im Vorfeld geklärt. Das Interview führte unser Redakteur Joachim Winkler.

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